Album der Woche

Asbest - Cyanide

22.05.2023
von Jonas Albrecht

Alle wissen es, viel zu wenige Menschen tun es: Schreien als Abhilfe. Gerade dort wo die reichen Säcke dicht liegen und Konzerne mit Krebs Medikamenten Übergewinne verzeichnen, zB in Basel, genau dort kreucht seit einigen Jahren eine Gruppe rum, die sehr authentisch und ehrlich auf den allgemeinen Zustand unseres Zeitalters reagiert: hart, aggressiv, hässig und transformativ. 

Asbest, die widerspenstige Faser in Gebäuden, die erst gefährlich wird, wenn man sie versucht zu entfernen - aber auch das betäubende Trio mit Robyn Trachsel, Judith Breitinger und Jonas Häne. Der Bandname ist wahrscheinlich nicht zufällig gewählt. 


Nach fünf Jahren suchen, erzürnen, aushalten, nun das zweite Album Cyanide. Darauf zu hören: ein so vernichtender wie betäubender Bandsound. Asbest reden nicht zimperlich um den heissen Brei rum sondern würgen dir die Suppe, die du zu löffeln hast, sauber die Kehle runter. Mit Kettensäge und Presslufthammer folgt eine Absage an den Ist-Zustand nach dem Anderen. Fazit: Entweder wir kriegen es endlich mal auf die Reihe oder aber die Menschheit gehört abgeschafft, vergiftet. Denn unsere Unbekümmertheit und selbstverliebte Eitelkeit ist entsetzlich.

Wiki: Cyanide wie Blausäure und deren Alkalisalze sind hochtoxisch. Vergiftungen mit diesen Substanzen können im industriellen und gewerblichen Bereich als Unfälle, aber auch im Privatbereich in Folge absichtlicher Giftbeibringung bei Mord und Selbstmord vorkommen. Eine hellrote Färbung der Haut ist ein typisches Anzeichen einer Vergiftung mit Cyaniden: Das venöse Blut ist noch mit Sauerstoff angereichert, da der Sauerstoff von den Zellen nicht verwertet werden konnte.


How can I care less
While we morally regress
Our privileged indifference is disgraceful

We can't afford to be neutral no more
When everybody is special
No one is special


Ihr Schaffen und Wirken setzen Asbest auch in den Kontext der LGBTQA+ Bewegung:

"Indem wir anderen Menschen durch Musik unsere Perspektiven aufzeigen, sie berühren und zum Nachdenken anregen, können wir kleine Veränderungen bewirken und vielleicht die Welt zu einem besseren Ort machen. Es ist klar, dass wir mehr Menschen auf der Bühne brauchen, die sich als weiblich, lesbisch, intersexuell, nicht-binär oder trans* identifizieren. Wir verstehen uns in dieser Hinsicht als Vorbilder."

Cyanide ist ein Album, das viele wichtige Fragen prägnant auf den Punkt bringt: Wie sieht eine Welt aus, in der Scheitern ok ist? In der Leistung nicht an Ausbeutung gekoppelt ist? Wie könnte eine wirklich solidarische und empathische Gesellschaft aussehen? Und ist eine wahrhaft glückliche Existenz in einer pathologischen Lebensrealität überhaupt möglich, ohne sich selbst oder die Umstände zu negieren? Asbest klingen dabei wie der böse Hund, der in der Prophezeihung die Menschheit zu Recht wegfrisst. Der Soundtrack zur Strafe Gottes. Wahrlich eine Dringlichkeit und Kraft, die in der Schweizer Musiklandschaft selten anzutreffen ist .

Cyanide von Asbest erschien am 19. Mai via Tree in a Field und Czar of Crickets

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