Krass Politic

Meinungen statt Fakten. Und wem sie dienen.

In Luzern steht am Pilatusplatz ein Gebäude, das weit von der Uni entfernt und trotzdem dort angebunden ist. Denn in dessen Innern haust das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP), das von sich in hohen Tönen spricht. "Fakten statt Meinungen" – "Wirtschaftspolitik für alle" – "Politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit".


Christoph Schaltegger
Direktor des IWP und Prof. an der Uni Luzern


Der Direktor des Instituts, Prof. Dr. Christoph Schaltegger, soll nun auch als Teil einer Expert*innengruppe für Bundesrätin Karin Keller-Sutter die Schweizer Staatsausgaben "bereinigen", sprich: sparen.

Höchste Zeit, dem Slogan "Fakten statt Meinungen" auf die Spur zu gehen.


Kapitel 1 – Nicht neutral


Marius Brülhart
Ökonom an der Uni Lausanne


Marius Brülhart, Wirtschaftsprofessor an der Uni Lausanne hat für das IWP klare Worte:

"Das Institut hat eine klare ideologische Vorgabe"

Der Ökonom kritisiert die Anbindung des IWPs an die Universität Luzern. Viele Veröffentlichungen des Instituts hielten wissenschaftlichen Standards nicht stand. Doch das universitäre Siegel verleihe ihm  gleichzeitig einen objektiven Anstrich. Problematisch sei auch, dass das Institut von Industriellen finanziert werde, ohne dies wirklich transparent zu machen. Das Institut verfolgt eine klare politische Marschrichtung und streitet diese gleichzeitig vehement ab.


Kapitel 2 – Der Mythos der klaren Fakten


Sina Badiei
Assistenzprofessor an der Uni Strassbourg

Von Marius Brülharts wirtschaftswissenschaftlicher Kritik am IWP führt die Spur weiter nach Strassburg. Es ist Zeit für Wissenschaftsphilosophischen Kontext. Diesen bietet uns Sina Badiei, Assistenzprofessor an der Uni Strassbourg. Dass es möglich sei, einfach nur Fakten zu messen, sei eine veraltete Sichtweise in den Wirtschaftswissenschaften, meint der Wissenschaftsphilosoph.

"We can argue that what economists do and the knowledge that they produce is also based on (self-interested) values and norms."

Interessant sind vor allem die geschichtlichen Ursprünge der (absurden) Idee von "neutralen" und vollkommen "objektiven" Wirtschaftswissenschaften. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet liberale Denker wie Mises oder Pareto sich für diese Form von Forschung starkgemacht haben...


Kapitel 3 – Meinungsreproduktion

Dass sich das IWP sehr viel Mühe gibt, die eigenen Ergebnisse mit der breiten Öffentlichkeit zu teilen, deckt sich mit dem Slogan: "Wirtschaftspolitik für alle". Die andere Frage ist jedoch, wem diese dient. Wohl eher den wenigen.

Doch diese propagandistischen Tendenzen des Instituts begrenzen sich nicht nur auf die eigene Webseite, Plakate und Apéroladenen Vorträge. Mehrere Mitarbeitende des IWPs unterrichten an der Universität Luzern. Zu den Wirtschaftsstudierenden, welche für den Erhalt des Bachelorgrades die Vorlesungen von Christoph Schaltegger besuchen mussten, gehört auch Rikka. Sie bemängelt die Einseitigkeit und Intransparenz dieser Vorlesungen.

"[Die von Schaltegger unterrichteten Theorien] werden als objektives Mass der Dinge dargestellt"

Unter einigen Studierenden ist die Frustration gross. Theorien werden von dem Ökonomen als gegebene Grunderkenntnisse dargestellt. Sich persönlich weiterzubilden oder Lesekreisen beizutreten, ist schwer, denn der Leistungsdruck ist gross und der Zeitplan streng. Aus welcher Denkströmung das wohl kommt?

Darauf aufmerksam gemacht, dass das IWP als Institut von diversen Seiten kritisiert werde, antwortete es, dass es einer Interviewanfrage nicht entsprechen könne. Im Vordergrund stehe "nicht das Institut, sondern seine Arbeit". Über die Arbeit und Forschungsergebnisse werde gerne Auskunft gegeben.

Also wieder vorbildlich auf die Fakten konzentriert. 


Wenn du dir auch einfach nur die Interviews mit Marius Brülhart, Sina Badiei oder Rikka in voller Länge anhören willst, dann kannst du das hier.


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