In einer Zeit, in der rassistische und faschistische Stimmen schon lange zum Tenor der britischen Kultur gehörten, publizierte das Rock Against Racism Magazine, organisierte Konzerte, ging auf die Straßen und regte viele Diskussionen an. Deshalb widmeten wir uns während zwei Stunden dieser Bewegung, stellten uns die Frage, wie diese entstanden ist, wie sie die Musik von damals beeinflusst hat und welche Spuren Rock Against Racism (RAR) in der heutigen britischen Gesellschaft hinterlassen hat.
Windrush und die britische Diaspora
Lange bevor Punk in der zweiten Hälfte der 70er Jahre die Straßen eroberte, prägten karibische Calypso und später Reggae- und Ska-Klänge Großbritannien. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begünstigte Großbritannien Menschen aus britischen Territorien in der Karibik (aber auch aus anderen Regionen, insbesondere Südasien) die Einreise ins "Motherland". Visafrei konnten so ungefähr eine Million Menschen in Großbritannien am Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes mithelfen. Das Leben in der neuen Heimat gestaltete sich jedoch alles andere als einfach. Diskriminierung war und ist bis heute ein fester Bestandteil im Leben der sogenannten Windrush-Generation (benannt nach einem britischen Kriegsschiff, welches Immigrant*innen nach Großbritannien brachte) und ihrer Nachkommen. Musik bot einen Coping-Mechanismus für die Diaspora und auch eine Plattform zum Protest.
"Britain Mother of the Empire has had to welcome in her children and allow them to settle. They (the black community of Britain) have not been allowed to settle in a dignified manner. (...) Because the Black Community refused to accept indignity and victimage Britain is stuck with a rebellious black presence in its centers."
-Colin Prescod, britischer Soziologe und kultureller Aktivist, geboren in Trinidad
Peeling Away the Union Jack to Reveal the Swastika
Ende der 70er-Jahre startete die National Front, damals die viertgrößte Partei Englands, eine rassistische Kampagne gegen eine angebliche Überfremdung. Ihr Parteiprogramm sprach vor allem die junge, weiße Arbeiterinnenschaft des Landes an. Der neue faschistische Diskurs fand bald auch Halt in der britischen Popkultur. Punkmusikerinnen wie Siouxsie Sioux oder Sid Vicious trugen Hakenkreuze als Fashion Statement, Rocklegenden wie David Bowie oder Eric Clapton lieferten sich auf den Bühnen des Landes rassistische Hasstiraden. Aus Frustration über diese Entwicklungen schrieb eine Gruppe von Londoner Künstler*innen einen offenen Brief an die britische Musikpresse. Ihre Forderung: eine breite Bewegung, die sich gegen den Rechtsfanatismus in der Musik einsetzt und ein öffentliches Beispiel für mehr Frieden und Toleranz liefert. Schon bald wuchs die Bewegung, und im ganzen Land wurden Rock Against Racism Konzerte organisiert.
Playlist
Tom Robinson Band - Up Against the Wall
The Clash - Police & Thieves - Remastered
Apna Sangeet - Soho Rd Utey
Steel Pulse - Ku Klux Klan
Gang Of Four - At Home He's a Tourist
X-Ray Spex - Identity
The Clash - White Riot - Remastered
The Wailers - I Shot The Sheriff
U.K. Subs - Riot
999 - Homicide
Matumbi - Originary Man
Au Pairs - It's Obvious
X-Ray Spex - The Day the World Turned Dayglo
The Specials - Do the Dog - 2015 Remaster
Au Pairs - Headache for Michelle
Misty In Roots - True Rasta
Gang Of Four - Damaged Goods
Delta 5 - You
The Mekons - Where Were You?
Sham 69 - If The Kids Are United
Tom Robinson Band - Winter of '79
Delta 5 - Mind Your Own Business
X-Ray Spex - Oh Bondage, Up Yours!
Steel Pulse - Handsworth Revolution
Expelaires - Sympathy (Don't Be Taken In)
Aswad - Back To Africa
Delta 5 - Try