Atomkraft – Immer noch Nein Danke?
Ein Thema feiert in der Schweizer Politik gerade sein Comeback: Atomkraftwerke. Unter dem Stichwort Stromsicherheit wird heute wieder über einen Neubau von AKWs diskutiert. Die Atomkraft hat in der Schweiz eine lange Geschichte: Nach dem 2. Weltkrieg wurde über eine Atombombe für die Schweiz nachgedacht und 1969 kam es in Lucens (VD) zu einem Atomunfall. In den 70er-Jahren wehrte sich die Anti-Atom-Bewegung erfolgreich gegen das AKW Kaiseraugst. Die AKW-Gegner finden auch heute noch: Anstatt auf teure und gefährliche Atomkraftwerke lieber voll auf erneuerbare Energien setzen. Denn auch das Problem des Atommülls ist bis heute noch nicht gelöst.
AKW-Neubauverbot auf der Kippe
2017 beschloss das Schweizer Stimmvolk mit dem JA zum revidierten Energiegesetz den schrittweisen Atomausstieg. Genau dies möchte die Initiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» jetzt unter anderem wieder ändern, um die Stromversorgung in der Schweiz sicherzustellen. Der Bundesrat hat mit einem Gegenvorschlag auf die Initiative reagiert, darin ist auch die Aufhebung des AKW-Neubauverbotes enthalten. Die SP und die Grünen sehen dies kritisch: Sie fordern eine vermehrte Förderung von erneuerbaren Energien und haben deshalb schon vorsorglich das Referendum angekündigt.
Stephanie Eger, Expertin für Atomenergie bei der Schweizerischen Energie-Stiftung, sieht bei uns im Interview verschiedene Nachteile bei der Stromgewinnung durch Atomkraft.
Keine Lösung für Atommüll
Bis heute gibt es keine Lösung für den Umgang mit dem radioaktiven Atommüll. Diesen im Meer zu entsorgen ist keine Lösung und die Technik noch nicht genug fortgeschritten, um den Atommüll zu zersetzen oder in die Sonne zu schiessen. Die heutige, gängige Praxis ist, den radioaktiven Abfall tief unter der Erde zu begraben. Das Problem dabei ist allerdings, dass es je nach Art des Atommülls 30'000 bis eine Million Jahre dauert bis die Strahlung keine Gefahr für den Menschen mehr darstellt. Wie will man künftige Generationen vor dieser Gefahr im Boden warnen? Lösungsansätze gehen von überdimensionalen Stahlspitzen zu einer Atompriesterschaft die dieses Wissen an künftige Generationen weitergeben soll.
Schweizer AKWs abhängig von russischem Uran
Die Freunde der Atomenergie argumentieren gerne mit der Unabhängigkeit vom Ausland welche Atomstrom mit sich bringt. Das Uran für die Stromproduktion wird aber gezwungenermassen aus dem Ausland importiert. 45% der Schweizer Uranimporte stammen vom russischen Staatskonzern Rosatom. Auch in anderen uranreichen Ländern wie zum Beispiel Kasachstan ist Russland oft stark in die Uranproduktion involviert zum Beispiel durch den Besitz von Minen oder durch Beteiligung an der Uranverarbeitung.
Schweizer AKW zahlen mit in die Kriegskasse von Putin.
Stephanie Eger, Expertin für Atomenergie bei der Schweizerischen Energie-Stiftung
Die weltweit bekannten Uranvorkommen befinden sich zudem zu rund 70% auf dem Land indigener Völker. Die vom Abbau betroffenen Menschen sind oft von den schweren Gesundheits- und Umweltfolgen des Uranabbaus betroffen. Viele indigene Arbeiter erkranken an Lungenkrebs und Leukämie. Durch die radioaktive Strahlung werden die Gewässer und Böden der Region kontaminiert.
*Hinweis: In einer älteren Version des Blogbeitrages hiess es fälschlicherweise der Atomunfall in Lucens habe 1986 stattgefunden. Das ist falsch, es war im Jahr 1968.