Inhaltswarnung: In diesem Beitrag thematisieren wir Gewalt und Sexarbeit. Klicke hier, wenn du die Seite verlassen möchtest.
Am 25. November war "Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen". Ein Gewerbe in dem - nicht ausschliesslich aber überwiegend - Frauen arbeiten ist die Sexarbeit. Diese gibt es auch in Luzern. Doch wie gross ist das Thema Gewalt im Luzerner Strassenstrich, womit hängt diese Gewalt zusammen und welchen Einfluss haben vergangene politische Entscheidungen?
Der Verein LISA
Besonders nahe am Puls der Sexarbeit ist der Luzerner Verein für die Interessen von Sexarbeitenden (LISA). Gestartet mit einem Pilotprojekt im Jahr 2013 unterstützt der Verein bis heute Sexarbeiter*innen im ganzen Kanton. Das Kernangebot ist der Beratungscontainer "hotspot" beim Strassenstrich im Ibachquartier. Dieser bietet den Sexarbeitenden die Möglichkeit sich beraten zu lassen, Kondome zu holen, sich aufzuwärmen oder Kaffee zu trinken.
Doch LISA kann den Sexarbeitenden nicht täglich zur Verfügung stehen und kann auch keine vollständige Sicherheit gewährleisten. So Eliane Burkart, Geschäftsleiterin von LISA.
Die Situation im Ibachquartier
Eliane erzählt uns vom Strassenstrich im Ibachquartier. Dieser wurde vor rund zehn Jahren aus der Stadt Luzern hinaus ins Industriegebiet am Stadtrand verlegt. Diese Entscheidung in Politik und Verwaltung hat bis heute Konsequenzen, der Strassenstrich liegt nun nicht nur in einem Industriegebiet, sondern auch in einer Sackgasse und am Waldrand. Entsprechend klein ist dort die "Soziale Kontrolle" wie Eliane sie nennt. Je kleiner die soziale Kontrolle, desto grösser die Gefahr für Gewalt aller Art.
Geldnot, Illegalität und strukturelle Gewalt
Auf das Problem von Gewalt angesprochen betont Eliane interessanterweise vor allem die strukturelle Gewalt, welche die Basis legt: Der Beruf der Sexarbeit ist stark stigmatisiert. Offen zu diesem Job bekennen tut/kann sich kaum jemensch, den Eliane kennt und solange die Gesellschaft peinlich berührt wegschaut oder weitere strukturelle Ungleichheiten nicht angeht, werden Sexarbeitende diversesten Formen von Gewalt ausgesetzt sein.
Mögen die Hintergründe der Menschen in diesem Beruf noch so unterschiedlich sein, eine grosse Gemeinsamkeit besteht: Das Angewiesensein auf Geld.
Und dass Sexarbeiter*innen auf politischer Ebene keine grosse Lobby haben wurde auch während der Pandemie klar. Das Sexgewerbe wurde zeitweise verboten, was viele der Sexarbeitenden in Geldnot brachte - denn die Entschädigungen reichten oft nicht einmal ansatzweise. So kam es, dass einige Sexarbeitende während Corona illegal arbeiteten. Dieser illegale Aspekt ihrer Arbeit verschob daraufhin das Machtverhältnis: Geldnot und das im Schatten arbeiten führte dazu, dass Kunden Dienstleistungen aushandeln konnten, auf welche sich Sexarbeiter*innen ansonsten nicht eingelassen hätten.
Auf die Frage, ob die Stadt Luzern die Situation zu ändern plant und ob auf politischer (legislativer) Ebene in den letzten zehn Jahren tatsächlich wenig zugunsten der Sicherheit von Sexarbeiter*innen unternommen wurde, konnte die Stadt Luzern keine Angaben machen. Begründung dafür ist, dass im Stadtrat momentan ein Vorstoss hängig ist.
Mehr aus dem Interview mit Eliane kannst du dir hier anhören. Wir sprechen über Stigmatisierung, strukturelle Gewalt, die Gründe für die Verlegung des Standorts, Projekte von LISA welche arretiert wurden und politische Entscheide.
Nachtrag zur Sendung: In der Sendung wird die Politik für Untätigkeit in diesem Bereich kritisiert. Diese Kritik betrifft vor allem die legislative Ebene und weniger die Ebene der Verwaltung, welche auch eng mit LISA zusammenarbeitet.
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Falls du in der Sexarbeit tätig bist, oder dich vertieft für die Arbeit von LISA interessierst, findest du hier mehr zum Verein.
Falls du es in Betracht ziehst, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, so bietet dir LISA hier eine Broschüre zu fairem Sex.
Generell zu häuslicher Gewalt und toxic Love hat das 3FACH vor kurzem hier berichtet.