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Warum Konsens nicht reicht

Inhaltswarnung: In diesem Beitrag thematisieren wir Machtausübung in Zusammenhang mit Sex und - nicht vertieft, aber auch - Vergewaltigungen. Klicke hier wenn du diese Seite verlassen möchtest.

Sex ist gut und nicht verwerflich, solange Konsens herrscht. So die gängige Idee.  Mit der Überarbeitung des Sexualstrafrechtes ist diese Vorstellung nun auch in Politik und bald in der Justiz angekommen (vor der Überarbeitung war Sex juristisch gesehen schon okay solange keine Gewalt involviert war).
Was du in deinem Schlafzimmer – oder wo auch immer – machst, ist Privat. Darüber soll auch nicht öffentlich debattiert werden.  Vorausgesetzt der Konsens ist gegeben. 

Doch diese Vorstellung ist verkürzt und gefährlich. In den Politikwissenschaften und in der Philosophie haben vermehrt Denker*innen darauf aufmerksam gemacht, dass unsere Fixierung auf Konsens kritisiert werden muss. So auch Hanna Altenburger.  In ihrem Politik und Philosophiestudium hat sie sich vertieft mit den sogenannten Sex Wars und der Kritik am Konsens auseinandergesetzt und ihre Bachelorarbeit dazu geschrieben. Dabei plädiert sie auf keinen Fall dafür, dass Konsens überflüssig sei – im Gegenteil. Es braucht noch so viel mehr als nur Konsens! 

Die sogenannten Sex Wars der 80er Jahre waren eine Innerfeministische Debatte zur Frage, wie guter Sex aussieht. Kann in einem Patriachat überhaupt selbstbestimmter Sex stattfinden? Kann Pornografie überhaupt emanzipiert sein oder bleibt es für immer ein patriarchales Instrument?
Die “Lösung”, welche sich in der Gesellschaft nach den Sex Wars durchsetze, war die Idee des Konsenses. Alles ist erlaubt und okay. Hauptsache Konsens.
Genau diesen “liberalen Konsensfeminismus” wie er genannt wird, kritisiert Hanna Altenburger. Denn damit wird alles, was im Rahmen von Konsens passiert in eine unantastbare, undiskutable Black-Box verfrachtet.  Dabei gibt es auch bei konsensualem Sex so viele offene Fragen: Wie kam der Konsens zustande? Was sind unsere Motivationen dabei? Blieb die Lust während der ganzen Handlung? Ist Macht im Spiel? Gibt es Sex ohne Machtgefälle überhaupt? Haben wir schlicht Rollenerwartungen erfüllt? Was wurde uns beigebracht zu mögen und was mögen wir “wirklich”? 

Die künstliche Trennung zwischen öffentlich und privat welche Politik und Justiz machen, verunmöglichen es uns also öffentlich über all diese Fragen zu sprechen, so Hanna Altenburger. Dabei wäre das dringend nötig.  Besonders, da die meisten Fragen aus gesellschaftlichen Strukturen resultieren. 

Die ganze Radiosendung kannst du dir hier in der Audiodatei anhören. Mit Hanna Altenburger haben wir über die Sex Wars, den liberalen Konsensfeminismus, aber auch Kriterien für wirklich guten Sex gesprochen.

Alternativ kannst du dir auch einfach das isolierte Interview mit Hanna Altenburger anhören: Alles am Stück - dafür mit wenigen Einbettungen und Erklärungen durch das Krass Politic Team.

Falls es dich vertieft interessiert, hier drei Quellen welche für Hannas Arbeit und denken zentral waren:

Jaeggi, Rahel., 2020. Kritik von Lebensformen, Dritte Auflage. ed, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft. Suhrkamp, Berlin.

Loick, Daniel, 2020. “... as if it were a thing.” A feminist critique of consent. Constellations 27, 412–422. https://doi.org/10.1111/1467-8675.12421

Srinivasan, Amia, 2022. Das Recht auf Sex. Klett-Cotta, Stuttgart. 

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