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Wie entscheidet sich die Türkei?

Die Türkei war am Sonntag in Aufruhr. Hoffen und Bangen zog sich quer durch die Wohnungen, Strassen und Kaffees des ganzen Landes. Das Land scheint gespalten. Bleibt der Mann, der 21 Jahre das Land regierte an der Macht? Oder kommt nun der grosse Wechsel, den sich so viele Menschen herbeiwünschen? - Wer auf Gewissheit hoffte, wurde enttäuscht. Eine Stichwahl in ca. zwei Wochen wird die Türkei erneut ins Zentrum der Medienöffentlichkeit rücken.

Wer sind die verbliebenen im Rennen?

Erdogan ist weltbekannt. Seit gut Jahrzehnten gilt er als der mächtigste Mann der Türkei und ist somit auch zentral für die Europäische Politik, als auch die Politik im Nahen Osten. Negative Schlagzeilen über ihn gibt es zu genügen (zumindest da, wo eine gewisse Pressefreiheit gegeben ist): Ein repressiver Kurs gegenüber Kurd*innen. Anheizung einer massiven Inflation. Einschnitte in die Pressefreiheit. Verfolgung der Opposition. Schwächung der Demokratischen Ordnung und vieles mehr.

Doch weshalb erhält der 69-Jährige trotzdem so viel Rückhalt in der Bevölkerung?

Hierbei spielen viele Faktoren zusammen, welche unmöglich abschliessend gelistet werden können. Doch seine Kontrolle über die Medien und die Anhäufung seiner Macht dürften wesentlicher Bestandteil davon sein. Trotzdem muss bedacht werden, dass Erdogan in seinen ersten beiden Amtszeiten sehr überzeugt hat. Und die positiven Effekte der damaligen Zeit scheinen der Bevölkerung in Erinnerung geblieben zu sein, auch wenn dies schon sehr lange her ist. Erdogan stabilisierte dazumal die wirtschaftliche Lage der Türkei, lockte Investitionen an, wertete die Städte stark auf und generierte einen ökonomischen Aufschwung. Ausserdem war er nicht von Anfang an in seinem autoritären Verhaltensmuster.

Kemal Kilicdaroglu ist jedoch vermutlich die Grösste Herausforderung von Erdogans Amtszeit. Der 74-Jährige ist von der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP, einer Partei, welche sehr säkular, und eher links ausgerichtet ist. Kilicdaroglu will Religion und Staat wieder stärker trennen und ist in der Politik gegenüber Kurd*innen offener. Zudem will er zurück zum parlamentarisch-demokratischen System. Bei Migrationsfragen bleibt er hingegen konservativ. Kilicdaroglu hat rund 45% der Stimmen geholt, während Erdogan 49% erhielt. Dies ist ein starkes Resultat der Oppositionspartei, jedoch ist es doch etwas schwächer als erwartet (oder gehofft). Aus diversen gründen ist Erdogan in seinem Wahlkampf gerade geschwächt und es wäre die Chance für einen Machtwechsel gewesen. Doch die Fronten scheinen sich zu wenig aufgeweicht zu haben. Menschen mit konservativ-islamischen Vorstellungen wählen stark Erdogan und jene mit säkularen politischen Vorstellungen Kilicdaroglu.

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