Sphaíra

Mit vergessenem Erbe gegen Unterdrückung

In einer Zeit, in der das "Anders-Sein" verstummt wird, wehrt sich El Khat auf satirisch-politische Weise.

Abschlüsse und neue Anfänge

Der Gründer und Frontman der Band Eyal el Wahab ist Teil der riesigen jemenitisch-jüdischen Bevölkerung in Israel, die Ende der 1940er Jahre vor der Verfolgung im Jemen flohen. Er wuchs mit klassischer und jüdischer Musik auf, schloss sich in seinen 20er dem Jerusalem Andalusian Orchestra an, ein Orchester, das auf arabische Musik aus Nordafrika spezialisiert ist. Sein klanglicher Horizont erweiterte sich, als er eine Fundgrube voller vergessener, jemenitischer Musik entdeckte - das Kompilationsalbum Qat, Coffee & Qambus: Raw 45s From Yemen. Für ihn war klar: er muss sein fast verlorenes Erbe feiern, und das als Trio mit selbst gebauten Instrumenten aus Müll.

Eine Hommage an die verarmten Vorfahren

Diese Form von Recycling ist besonders konzeptionell, denn sie entwerfen so eine Hommage an die verarmten musikalischen jemenitischen Vorfahren. Mit DIY-Tools zielt El Khat auf wichtige Botschaften ab und verbreiten so in mute die jemenitisch-jüdische Tradition, die so lange verschwiegen blieb.

“Every distance between two people is an opportunity for conflict. Two of anything creates sides and sides create conflict. In such cases there will be muting”
- Eyal el Wahab, Multiinstrumentalist und Frontmann


Dass die jemenitische Musik fast gänzlich in Vergessenheit geriet, liegt an diversen Faktoren. Der Jemen leidet seit Jahrzehnten unter politischer Instabilität, viele Menschen sind wegen dieser Lage ins Ausland geflohen und die wenigen, die noch im Jemen leben, haben sehr wahrscheinlich weniger Bezug zu dieser musikalischen Tradition. Das schreibt auch Maali Jamil, eine jemenitische Lehrerin und Autorin, in der Bundeszentrale für politische Bildung:

"Wenn wir zusahen, wie unsere Mütter und Großmütter zu der traditionellen jemenitischen Musik tanzten, warteten wir geduldig, bis ein westliches Lied lief und es an ihnen war, sich hinzusetzen und uns beim Tanzen zuzuschauen. Ich wusste eigentlich gar nicht genau, was der Jemen überhaupt war oder was ich zu erwarten hatte, als ich zum ersten Mal in Sanaa landete."
- Maali Jamil, jemenitische Lehrerin und Autorin


Auch Faktoren wie mangelnde Unterstützung von Förderprogrammen, fehlende Vernetzung des Landes und Modernisierung spielen eine grosse Rolle, berichtet das Goethe-Institut.

“I want to ask. I don’t need to get an answer.”
- Eyal el Wahab

Tanzende Trompeten, klappernde Perkussion und stark modifizierte Synthesizer - jeder Track auf dem Album erzählt ein anderes Kapitel eines grossen Ganzen. Der Kreis schliesst sich. Mit Sarkasmus fordert der DIY-Noise-Post-Rock Strudel freie Meinungsäusserung und dass die Unterdrückung im Nahen Osten aufhört.

mute verschmilzt Antike und Moderne, Tradition und Innovation, Harmonie und Konflikt. So paradox es klingt: auf mute wehrt sich die Band dagegen, weiterhin stumm zu bleiben.

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Die besten Tracks findest du in dieser Playlist:

Playlist: 

El Khat – mute 
Tislami Tislami
La waLa
Tabl Yamani
Commodore Lothan
Almania
Zafa
Zafa : Talaatam
Ward
DJ Saadia
Intissar 

 

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