Von der Werkhofstrasse ins Ibach - eine Reise durch die letzten 30 Jahre
Die Mitte-Fraktion hat Ende Oktober ein Postulat eingereicht. Das Postulat fordert die Stadt Luzern auf, eine nachhaltige Lösung für die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiter*innen am Strassenstrich zu finden. Momentan arbeiten rund 10–15 Frauen in einer abgelegenen, dunklen Sackgasse im Ibach unter prekären Bedingungen.
Die Stadt soll gemeinsam mit dem Verein LISA und der Polizei geeignete Räumlichkeiten finden, eine klare Vereinbarung für deren Nutzung und Finanzierung erarbeiten und durch Öffentlichkeitsarbeit für mehr Verständnis sorgen. Das ist der Stand heute.
Im Audio hörst du, wo er früher war und wie es zum Standort Ibach kam:
Die Relevanz des Vereins LISA
Der Verein LISA engagiert sich in Luzern für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeitenden und bietet dazu verschiedene Unterstützungsangebote. Ein aktuelles Projekt ist die Errichtung eines zusätzlichen Containers am Strassenstrich im Ibach. Dieser soll als Aufenthaltsraum dienen, in dem sich die Sexarbeitenden zurückziehen, aufwärmen und persönliche Gegenstände sicher verstauen können. Langfristig setzt sich der Verein für einen besseren Standort ein, der sowohl sicher als auch gut zugänglich ist. Die Geschäftsführerin Eliane Burkart betont, dass die Herausforderungen rund um den Strassenstrich nicht nur ein städtisches, sondern ein gesellschaftliches Thema sind. Ihr Wunsch wäre ein Ort, an dem Sexarbeit in angemieteten Räumen zu fairen Bedingungen stattfinden kann – in einem Rahmen, der Akzeptanz und Sicherheit für alle Beteiligten bietet.
Gewaltvorfälle in der Gegend haben die Dringlichkeit verdeutlicht, die Sicherheit zu erhöhen. Neben der Einrichtung des Containers wurden auch weitere Massnahmen ergriffen, wie ein Sichtschutz für den Serviceplatz, eine Notrufanlage und ein offizielles Straßenschild, das den Strassenstrich kennzeichnet und somit seine Regulierung und Legalität betont.
Ein Einblick in die Zeit vor dem Strassenstrich beim Ibach
Im Tribschenquartier hat der Straßenstrich eine Geschichte, die älter ist als das heutige Wohnquartier. Ursprünglich fand er in einem Industriegebiet statt und stieß dort kaum auf Widerstand. Erst mit der zunehmenden Umwandlung in ein Wohngebiet und dem Einzug von Familien geriet das Thema ins Fegefeuer. Besonders in den 2000er Jahren, als erste Wohngebäude entstanden, begann der Straßenstrich, für viele zu einem Störfaktor zu werden.
Persönliche Erfahrungen und Perspektiven
Als Jugendliche erlebte die Anwohnerin Katrin Thalmann die Situation ambivalent. Einerseits wurde das Gebiet als unsicher wahrgenommen, weshalb Umwege oder Fahrten mit dem Fahrrad bevorzugt wurden. Andererseits bot die Anwesenheit der Sexarbeiterinnen auch ein Gefühl von Belebtheit und Sicherheit, da das Gebiet nie menschenleer war. Angehörige berichteten von Situationen, in denen sie auf dem Heimweg wiederholt angesprochen wurden, was zu Frust und Unmut führte.
Mit der Zeit änderte sich die Dynamik im Quartier. Der Straßenstrich wurde dichter und präsenter, was für viele Anwohner, auch durch den zunehmenden Verkehr von Kunden mit Autos, eine Belastung darstellte. Neben Lärm und häufigem Ansprechen der Passanten störte sich ein Teil der Bewohner*innen auch an der moralischen Komponente.
Katrin Thalmann fand es überhaupt nicht problematisch, ihre Kinder in diesem Quartier zu erziehen. Die tatsächlichen Berührungspunkte zwischen Kindern und dem Geschehen seien gering, da die Aktivitäten meist nachts stattfänden. Aus ihrer Sicht war die Verlegung ins Ibach eine unschöne Angelegenheit. Sie warf die Frage in den Raum, ob es nicht eine andere Lösung für den Standort geben könnte, die sowohl den Bedürfnissen der Bewohner*innen als auch der Sexarbeiterinnen gerechter wird.