Stooszyt

Onlyfans: Egopusher zum Abo-Preis

Mit bis zu 500'000 neuen Nutzer*innen pro Tag wächst die Social Media Plattform «Onlyfans» momentan mit am schnellsten. Für dieses Wachstum ist mitunter auch die Coronapandemie verantwortlich. Doch das ist nicht der einzige Grund für den Erfolg.

Dass Menschen im Internet für sexuelle Inhalte bezahlen, ist absolut nichts neues. Von den einfachen Pornodarsteller*innen bis zu Camgirls, oder Menschen, die ganz einfach ihre gebrauchten Socken im Internet verkaufen ist alles dabei. Onlyfans füllt jetzt eine Lücke, die vorher in der Industrie noch nicht genügend abgedeckt wurde: den persönlichen Kontakt.

Zutritt nur gegen Bezahlung

Das Prinzip der Plattform ist es, man erkennt es schon am Logo, dass Nutzer*in die Inhalte von Creators erst dann sehen können, wenn sie monatlich einen von den Creatorn definierten Preis bezahlen. Dadurch hängt der Erfolg von Creators zuerst nur davon ab, wie gut sie auf ihre Inhalte «teasen» können. Zeigen sie zu viel, ist ein Abo nicht mehr nötig, ist es zu wenig, reicht es nicht um die Nutzer*innen für ein Abo zu überzeugen.

Pandemie sei Dank

Onlyfans gewann vor allem während der ersten Welle der Coronapandemie an Beliebtheit. Mehrheitlich US-Amerikanische Stripper*innen stiegen auf die Plattform um, da die Stripklubs, in denen sie arbeiteten, geschlossen waren. Einige Zeit später sprangen dann auch schon die ersten Influencer*innen auf den Zug auf, was der Beliebtheit der Plattform einen weiteren Schub gab.

Vermeintlich einfach verdientes Geld

Wer dann den monatlichen Preis, der im Schnitt zwischen 10 und 20 US-Dollar liegt, bezahlt, knackt das Schloss und zählt somit zu einem «Klub der Auserwählten», welcher sich die Inhalte der besagten Person anschauen darf. Ähnlich wie in einem Stripclub, gibt es auch auf Onlyfans die Möglichkeit Trinkgeld zu geben. Sei es, weil ein Beitrag besonders gut war, oder weil man ein spezifisches Video oder Foto von einer Person geschickt haben möchte. So kommt es, dass die erfolgreichsten Onlyfans-Creators monatlich mehrere Millionen US-Dollar verdienen. So war es z.B diesen Sommer für die US-Amerikanische Schauspielerin und Musikerin Bella Thorne, die nach ihrem Debüt auf Onlyfans an einem Tag eine Million US-Dollar verdient haben soll.

Berühmtheit auf Instagram und Co. von Vorteil

Für die meisten auf Onlyfans sind solche Beträge aber nur Träume. Eine Hochrechnung einer amerikanischen Influencer-Agentur besagt, dass Creators im Schnitt ohne Trinkgeld 180 US-Dollar im Monat verdienen. Wer nicht schon auf anderen Plattformen viele Followers hat, hat auf Onlyfans praktisch keine Chance viel Geld zu verdienen. Dazu wurde die Plattform auch nicht entworfen. Es gibt weder eine Suchfunktion, noch Hashtags, oder eine «Für dich» Seite, welche Creators dank Algorithmen über Nacht berühmt machen könnte. Anderes wird in sozialen Medien behauptet. Nach einer kurzen Suche auf YouTube stösst man auf hunderte Videos, in denen erfahrene Onlyfans Creators einem weiss machen wollen, dass jede*r ganz einfach von zu Hause aus tausende US-Dollar auf der Plattform verdienen kann. Das lockt vor allem junge Menschen und solche, die wegen Corona ihren Job verloren haben an.

Alles andere als Benutzer*innenfreundlich

Ich habe mir ein Onlyfans-Konto eingerichtet, um mir selbst ein Bild von der Sache zu machen. Mir ist schnell aufgefallen, dass die Webseite nicht wirklich übersichtlich ist. Ausserdem fehlen wichtige Bestandteile, die zu modernen sozialen Medien dazugehören, wie zum Beispiel eine funktionierende Suchfunktion, oder Hashtags. Im Video bekommst Du einen Einblick zur Funktionalität der Seite und Kommentare von Angel, die selbst als Creator auf der Plattform ist.

Onlyfans als lockerer Nebenverdienst

Eine dieser jungen Menschen, die während Corona auf Onlyfans gelockt wurden, ist Angel. Die 27-jährige verschickte schon vor Onlyfans aus Freude Nacktbilder etc. von sich. Als eine Möglichkeit auftauchte damit Geld zu verdienen, dachte sie sich «Wieso nicht?». Eine Bekannte, die schon auf Onlyfans war, hat ihr dann geholfen ihr Profil einzurichten.

«Immer sobald Du einen neuen User hast, fragt er dich nach irgendwelchen Sachen, die du nicht machst. Dann antworte ich freundlich und für die meisten ist das dann auch o.k.»

  Bis jetzt hat Angel fast nur positive Erfahrungen mit Onlyfans gemacht. Unangenehm wird es erst, wenn die User eine zu enge Beziehung zu ihr entwickeln, sagt sie im Interview.

Onlyfans als Egopusher

Einer, der regelmässig für Onlyfans Geld ausgibt, ist Chris. Chris ist 24 Jahre alt und benutzt auch seit Corona Onlyfans. Vor Allem der direkte Kontakt zu den Frauen hat ihn von der Plattform überzeugt.

«Bei Onlyfans hast du viel die persönlichere Beziehung zu der Frau. Wenn du sonst auf anderen Plattformen z.B einen Porno schaust, bist du nur als Zuschauer dort. Bei Onlyfans hast du viel mehr Möglichkeiten zur Interaktion. Ich finde das ist das, was mich daran reizt.»

  Den Creators sei es egal, wie er aussiehst, oder wie viel er im Job verdient. Das habe in den letzten Monaten sein Selbstbewusstsein gesteigert, sagt Chris im Interview.

Onlyfans ist kein Ersatz für physische Nähe

Sexualpädagogin -und Beraterin Bettina Roth erklärt, wieso man Onlyfans mit Vorsicht geniessen sollte. Wer ausserhalb der Plattform wenig soziale Kontakte sucht, läuft Gefahr immer mehr Hemmungen davor aufzubauen.

"Ich denke, wenn jemand ansonsten auf eine gesunde Art und Weise sozial vernetzt ist, sehe ich eher wenig Risiken. Wenn natürlich sonst jemand eher isoliert ist und Mühe damit hat sexuelle Kontakte zu finden, dann gibt es absolut Risiken."

Bettina Roth sieht dennoch einige Vorteile an Onlyfans. Vor allem für die Creators. Diese profitieren von der Freiheit, die sie auf der Plattform haben und nutzen diese Freiheit auch gut aus, wie sie im Interview sagt.

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