Krass Politic

Politische Mitbestimmung für Ausländer:innen

Wusstest du, dass 2 Millionen Bewohner*innen der Schweiz nicht an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen können? So viele Ausländerinnen und Ausländer leben hier und haben politisch nur in Ausnahmefällen ein Mitspracherecht. Die angeblich älteste und direkteste Demokratie der Welt, hat eine lange Geschichte der politischen Diskriminierung. 1971, erst viele Jahre nach fast ganz Resteuropa, wurde das Frauenstimmrecht eingeführt. Bis dahin wurden übrigens auch Armutsbetroffene von Abstimmungen und Wahlen ausgeschlossen.

Der Weg zur politischen Mitsprache für Ausländerinnen und Ausländer führt nicht um den Schweizer Pass herum. Die Einbürgerung ist aber nicht nur ein anstrengendes und aufwendiges Verfahren, man muss auch verschiedenste Kriterien erfüllen. Einige davon sind klar definiert, wie beispielsweise die bisherige Aufenthaltsdauer in der Schweiz. Andere hingegen sind sehr offen. So kann zum Beispiel jede Gemeinde selber entscheiden, nach welchen Kriterien jemand als gut integriert gilt oder nicht. Absurde Absagegründe und irrelevante Fragen, welche die meisten Schweizerinnen und Schweizer wohl auch nicht beantworten könnten, sind keine Seltenheit. In unserer Sendung behandeln wir einige Beispiele davon. Unter anderem wurde 2018 in Bubendorf BL einer kosovarischen Familie die Einbürgerung verweigert, weil sie in Trainerhosen statt Jeans durchs Dorf gingen. Teilweise kann auch die Gemeindeversammlung über eine Einbürgerung entscheiden. Dabei kommt es allerdings häufig zu Diskriminierungen aufgrund der Herkunft. Eine Studie der ETH hat gezeigt, dass der Anteil Nein-Stimmen bei einer Einbürgerung von Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei rund 40% höher ist als bei einer gleich qualifizierten Person aus Westeuropa.

Genau diese Willkür kritisieren auch die Initiant*innen der «Demokratie-Initiative». Ihr Ziel ist es, die Anforderungen an eine Einbürgerung zu senken. So sollte es möglich sein, sich bereits nach 5 Jahren und mit Grundkenntnissen in einer Landessprache einbürgern zu lassen. Andere Kriterien wiederum würden gleichbleiben. Nach einer längeren Freiheitsstrafe könnte man sich beispielsweise weiterhin nicht einbürgern lassen. Obwohl die Initiative noch nicht eingereicht wurde, werden deren Anforderungen an eine Einbürgerung bereits jetzt vom bürgerlichen Lager als zu niedrig kritisiert.

Die Initiant*innen der Demokratie-Initiative finden allerdings, dass nur ein Land, in dem alle mitbestimmen können, eine richtige Demokratie sein kann. Era Shemsedini vom Initiativkomitee hat dies folgendermassen formuliert:

Ich glaube wir müssen etwas von dieser Idee wegkommen. Dieser Idee von Integration als: Man kennt die Fakten zur Schweiz, man kann perfekt Schweizerdeutsch ohne jeglichen Akzent. Wenn man etwas von dem wegkommt, merkt man, es steckt eigentlich viel mehr dahinter.

Dass das Interesse für Schweizer Politik bei Ausländer*innen auch tatsächlich vorhanden ist, zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem Kanton Luzern. Das „MigrantInnenparlament“ bietet Luzerner Migrant*innen eine Plattform, um sich politisch zu engagieren, Forderungen auszuarbeiten und Kontakte zu knüpfen. Mehr dazu erfährst du in unserer Sendung vom 23.10.2023.


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