Sphaíra

Über Vergessene Kulturen, Wassergeister und weibliche Beschneidung

In einem Land weit, weit weg von unseren geborgenen vier Wänden treffen diverse Musiker*innen aufeinander, die eins gemeinsam haben: sie erzählen die Geschichte ihres Landes, ihrer Kultur mit ihrer eigenen Musik. INSHA ist eine Ansammlung an Geschichten, denn sie wollen nicht in Vergessenheit geraten.

Als sich KMRU wieder daran erinnert, dass er zu Schulzeiten Inshas schreiben musste - das sind Geschichten in Suaheli, die zusammen eine Collage bilden - widerfuhr ihm die grandiose Idee. Zusammen mit Nairobi Ableton User Group, kurz: NAUG, stellten die im Jahr 2019 ein Projekt auf die Beine, die den Musiker*innen einen Ort des gemeinsamen Treffens und der gegenseitigen Unterstützung bietet. 

Nicht eine oder zwei Musiker*innen, auch nicht drei, nein - ganze 14(!!) kenianische Künstler*innen haben sich auf diesem Weg gefunden und teilen alle die Leidenschaft zur Musik. Viele der Artists auf dem Album erleb(t)en die westlich, europäisch geprägte Musik und wollen nun selber durchbrechen und ein Zeichen setzen. Die eigene Musik spielen, abseits jeglichen Regeln wie Tempo, Genre oder Rhythmus. Was Musik für die Musiker*innen noch bedeutet, erklären sie dir in diesem wunderschönen Film zum Album:

In Kenia ist Musik so vielfältig wie ihre Tierwelt. Ein Clash aus vielen verschiedenen Ethnien und Kulturen, dennoch haben sie eine Gemeinsamkeit: Musik wird oft dann eingesetzt, um schwierige, gesellschaftliche Themen zu behandeln und Tabus zu brechen. In Mura von Budalagi geht Budalagi die Zeremonie der Genitalverstümmelung erkunden. Die Genitalverstümmelung an Mädchen unter 17 Jahren wurde 2002 gesetzlich verboten, doch der "Nationale Aktionsplan zur Abschaffung der Genitalbeschneidung von 1999 bis 2019“ deutet darauf hin, dass die Beschneidung von Kindern und Frauen noch nicht überall gänzlich verhindert werden kann. Budalagi verwendet im Lied ominöse Trommelschläge, fröhliche Shaker und Geschrei, um die Emotionen gegenüber dem Thema auf musikalischer Ebene zu zeigen.

Das ist aber nur eine der unzähligen Geschichten. Manch!ld fragte seine Mutter nach Geschichten der Luo-Kultur, die rund 13 Prozent der gesamten kenianischen Bevölkerung ausmacht. Viele der Luo leben in der Nähe des Viktoriasees in Kenia und dort erzählen die Mütter ihren Kindern die Geschichte zu den Wassergeister Nyawawa. Nyawawa sind Geister von Menschen, die im Viktoriasee ertrunken sind. Du denkst dir vielleicht: wieso soll mensch das den Kindern erzählen? Genau das dachten wir uns auch. Die Wassergeister würden die Kinder verfolgen, wenn sie ungehorsam sind. Somit erhoffen sich die Eltern etwas Ruhe.

Doch auf diesem Album manifestieren sich nicht nur individuelle Erzählungen, auch für die Geschichte, die die gesamte kenianische Bevölkerung teilt ist Platz. Ich rede von der Kolonialgeschichte Kenias. Bis ins Jahr 1963 war Kenia nämlich eine britische Kolonie. Dies greift die Künstlerin Nyokabi Kariũki in ihrem Stück Anjiro (interlude) auf. Das Lied ist eine Neuvertonung eines Video, aus dem Jahr 1953, auf das die Künstlerin gestossen ist. Das Video zeigt Kenianer*innen, die sich fröhlich tanzend auf den Besuch der Königin Elisabeth II (ja, das ist die, die letztes Jahr gestorben ist) vorbereiten und sich freuen. Es handelt sich bei diesem Bildmaterial offensichtlich um eine Verherrlichung des Kolonialismus. Anjiro möchte um die, durch den Kolonialismus verloren gegangene kenianische Kultur trauern. Gleichzeitig ist das Lied denjenigen gewidmet, die sich heute für das Wiederaufleben dieser Kultur bemühen. Hier kannst du Anjiro und das ganze Album INSHA anhören. 

Und hier geht's gleich weiter zu unseren Sphaíra Vibezzz <3


Playlist: 

Kimina – aliamka 

Barno – calm, chaos

Budalagi – mura 

Ngat maler – nam lowle 

Avom – waza  

M3 – i choose violence 

Snse – ng'eetich 

Munyasya – BORROWED CADENCES 

Manch!lch - escape from myawawa

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