Kater

Der Kater wurde seltsam

Omar Rodríguez-López hasst die Musikindustrie. Seine puerto-ricanische Herkunft und offene Sexualität macht es für ihn schwer, in Amerika akzeptiert zu werden. Auch wenn er als Teenie durch Punk etwas Hoffnung bekam, wurde dieser Traum geplatzt, als er mit seiner Band At The Drive-In zum ersten Mal Erfolg schnupperte. Er steht auf einer Bühne vor den ganzen Idioten, denen er sein Leben lang aus dem Weg gegangen ist. Die Band wird aufgelöst, man versucht sich an Dub, Prog, Noise, Pop und das Leben nimmt seinen lauf.

Wenn man ein Résumé von 362 Veröffentlichungen hat, kann das eine oder andere Drama schon mal vorkommen. Da hört es nicht mal auf, denn Omar ist nicht nur Musiker, sondern auch Fotograf, Schauspieler und Filmemacher. Er dokumentiert sein Leben schon seit früher Kindheit und schwört seit 20 Jahren darauf, dass es irgendwann mal einen Dokumentarfilm über ihn und seinen Blutsbruder Cedric Bixler-Zavala. Gesagt, getan. Am 20. November erscheint der Film in Amerika weiten Kinos und wird voraussichtlich diesen Winter noch weltweit verfügbar sein.

Um die Veröffentlichung des Films zu ehren, scheine ich ein Licht auf ein dramatisches, aber katerreiches Kapitel der Geschichte.

Am 25. Februar 2002 besucht Anthony Kiedis der Chili Peppers im Westen Hollywoods eines der ersten Konzerte der band The Mars Volta. Die Energie in den Räumlichkeiten des Troubadours ist unbeschreiblich. Es ist ein spiritueller Abend. Kurz darauf ruft er seinen Bandkollegen John Frusciante an. John, der Musikfreak der er ist, muss diese Band lieben. Und lieben ist vielleicht sogar untertrieben. Innerhalb eines Tages lernt John die erste The Mars Volta-EP fehlerfrei auf Gitarre zuspielen und lernt Omar kennen.

Im Oktober 2002 nehmen Omar und Cedric unter dem Namen The Mars Volta ihr Magnum Opus auf: De-Loused in the Comatorium. Die Chili Peppers nehmen sie kurz darauf auf ihre By The Way Tour mit. John und Omar werden schnell unzertrennliche Freunde und nehmen im April 2003 ein paar Songs auf.

1-Inch Tape Recorder, Schlafzimmer, Ghetto im Bett: Es ist das Kochrezept für ein perfektes Lo-Fi Album. Und es ist nichts weiteres als das, doch vielleicht mag man aufgrund der assoziierten Bands nicht unbedingt mit dem "Lo-Fi Label" rumschmeissen. Tja, ich tu's trotzdem.

Geisterhafte, sphärische aber rhythmische Soundteppiche werden die ganze EP über benutzt. Das Zusammenspiel zwischen John und Omar ist magisch. Mal akustisch, mal auf E-Gitarren, beide Spielstyle sind so markant, dass man direkt erkennen kann, wer was spielt. Wie zwei Flüsse die ineinander fliessen, komponieren die Beiden diese EP. Die Songs sollten nie veröffentlicht werden, es ist lediglich ein Passion-Project. Sieben Jahre später entscheidet sich Omar dazu, dieses kleine Zeitdokument zu releasen.
Wenige Wochen nach diesen Aufnahmen stirbt Omar's Freund und Bandmitglied Jeremy Ward tragischerweise an einer Heroinüberdosis. Sein Vermächtnis und Einfluss auf Omar's Leben ist schwer in Worte zu fassen.

Die Musikwelt entwickelt sich stetig weiter, doch diese kleinen Geschichten werden für immer eine Hinterlassenschaft davon sein. Möge deren Schönheit und Trauer nie verloren gehen.

Jeremy Michael Ward & Omar Rodríguez-López. Quelle: https://www.discogs.com/release/18422320-The-Mars-Volta-La-Realidad-De-Los-Sue%C3%B1os

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