Das PlĂŒschtier ist ein enger Begleiter von uns allen. Es ist flauschig, es ist weich und vor allem ist es ein*e Freund*in, auf das wir uns verlassen können. Oft entwickelt das PlĂŒschtier ein Eigenleben: FĂ€llt es nachts zu Boden, hĂ€lt es die Monster, die sich unter dem Bett verstecken, in Schach. Dann wieder hört es uns einfach zu. Dann wieder schaut es zusammen mit uns einen Film an.
Was passiert, wenn wir eine weitere Grenze ĂŒbertreten und selbst zum PlĂŒschtier werden? Zusammengefasst ist das Noris Geschichte. Eine Geschichte ĂŒber einen Furry. Höre sie dir hier an oder lies weiter im Text:
Aber was sind Furries ĂŒberhaupt? Furries werden in ihren Fursuits oft als lebensgrosse PlĂŒschtiere beschrieben und zu diesen zĂ€hlt sich au Nori. Er ist seit sechs Jahren ein Furry und besucht regelmĂ€ssig Furry-Stammtische, Conventions und konnte im Furry Fandom seine IdentitĂ€t aufbauen. Denn dieses Hobby ist fĂŒr Nori auch eng mit seiner TransmaskulinitĂ€t verknĂŒpft.
Vom Papier ĂŒber das Internet hinweg in die echte Welt
Nori â das war ursprĂŒnglich Noir. Ein fiktiver Charakter auf Papier. Ein weiblicher Werwolf, der bereits mit maskulinen Attributen aufwartete. Als sich Nori schliesslich mit seinen Zeichnungen ins Internet wagte und sich mit anderen Furries auszutauschen begann, verĂ€nderte sich Noir immer stĂ€rker. Aus dem weiblichen Werwolf wurde ein mĂ€nnlicher Wolfsdrachen und der Name Ă€nderte sich von Noir zu Nori.
Nori (20) in seinem schwarz-roten Fursuit.
Der Wolf war immer schon ein wichtiger Bezugspunkt fĂŒr Nori: WĂ€hrend der Wolf ein Rudeltier ist und sich auf das Wohlergehen von anderen achtet, ist er auch frei und kann sich so bewegen, wie er möchte. Mit den festen Rollen innerhalb des Rudels hat Nori einen Ersatz fĂŒr eine fehlende Rollenverteilung innerhalb seiner Familie gefunden.
Die Fasnacht als Katalysator
An der Fasnacht 2019 wechselte der Charakter âNoriâ schliesslich vom Papier in die RealitĂ€t. Nori machte es sich zum Ziel einen eigenen Fursuit zu nĂ€hen und mischte sich damit unter die FasnachtsgĂ€nger*innen. Von da an gab es fast kein Halten mehr. Nori besuchte verschiedene Conventions in der Schweiz und lernte immer mehr andere Furries kennen und gelangte so ins Furry-Fandom, in dem er sogar seinen jetzigen Freund kennenlernte.
Sobald Nori in den Fursuit schlĂŒpft, verĂ€ndert sich sein Verhalten. Nicht mehr scheu, sondern neugierig. Nicht mehr im Hintergrund, sondern im Vordergrund. Sein inneres Kind komme so zum Vorschein, erzĂ€hlt er mir: âIch werde offener. Ich gehe auf die Leute zu. Ab und zu klaue ich auch sehr gerne Zeug, das Leute dabeihaben.â
Das habe nicht nur mit der Verwandlung in einen Wolfsdrachen zu tun, sondern auch mit der AnonymitÀt, die er unter der Maske geniessen kann.
Furry und trans sind bei Nori eng miteinander verknĂŒpft
An Noris Fursuit ist auch immer ein Button angebracht, auf dem seine Pronomen stehen. Damit wird er als Wolfsdrache immer korrekt angesprochen und hat sich deswegen besonders zu Beginn sehr viel wohler innerhalb des Fursuits als ausserhalb und meint: âVor allem durch diesen Suit, wo niemand wusste, was fĂŒr ein Geschlecht darunter ist, konnte ich das ausleben.â
Als schliesslich auch der Namenswechsel fĂŒr ihn selbst anstand, dachte er zuerst an Chase. Viele Freund*innen um ihn herum fanden aber Nori viel passender und so ĂŒbernahm er einfach den Namen seines Fursonas.
Heute organisiert Nori Furry-Events und schafft so Orte fĂŒr junge Furries, die sich dort so ausleben können, wie es Nori einmal selbst tat und immer noch tut. Damit hat sich sein Fursona mit ihm ganz verschmolzen. Viele Charakteristika, die er im Fursuit auslebt, nimmt er jetzt auch in den Alltag mit. Trotzdem bleibt er Furry, denn mit diesem Hobby ist ein grosser Teil seines Freund*innen-Kreises verbunden und darĂŒber hinaus nutzt er es weiterhin als willkommene RealitĂ€tsflucht.
Eine Frage der Balance
Trotzdem kam es auch schon dazu, dass die RealitĂ€tsflucht die Ăberhand gewann: âEs gab auch Zeiten, in denen ich nicht aus dem Suit mehr wollte, weil ich mich in dieser Rolle so verdammt wohl gefĂŒhlt habe.â Diese Spannung habe nicht zuletzt auch sein Freund Borak auflösen können, der Nori als stabiler Anker bis heute Halt gibt.
Nori mit seinem Freund Borak. Innerhalb einer Convention haben sie sich das erste Mal gesehen.
Borak ist auch ein Furry. Er hatte sich aber zunÀchst in anderen Communities als Nori zurechtgefunden, bis sie sich an einer Convention getroffen haben. Borak war und ist in VRChat unterwegs und trifft dort andere Furries. VRChat ist eine virtuelle Umgebung, die oft von User*innen selbst generiert sind. Auf solchen Servern kann mit einer VR-Brille gechattet oder gespielt werden. Ausserdem ist der eigene Avatar frei konfigurierbar, weshalb die Plattform auch unter Furries beliebt ist.
Internet und Furry-Fandom sind ein gutes Paar
Dass sich Furries besonders online treffen, ist keine Seltenheit. Das Fandom interagiert nicht nur auf bekannten Sozialen Medien, sondern auch in eigenen Foren und Boards.
Ein Furry, der sich oft im Internet aufhĂ€lt ist phimtown (alias Ven). phimtown ist ein Furry-Artist aus Bochum und tauscht sich besonders online mit anderen Furries aus und hat zu deren letzten Single spinnin round in my head ein Musikvideo innerhalb von VRChat produziert. Im Video-Interview siehst und hörst du, was das Internet fĂŒr phimtown fĂŒr eine Bedeutung hat.