Kaum eine Band hat so viele musikalische Leben geführt wie Fleetwood Mac. Ihre Reise begann 1968 mit dem selbstbetitelten Debütalbum – ein roher, purer Blues, der unter der Leitung von Peter Green entstand. Songs wie „Shake Your Moneymaker“ schlugen ein wie ein Blitz in die britische Blues-Szene. Fleetwood Mac waren Teil des Blues-Booms, der England in den späten 60ern erfasste, doch sie setzten sich schnell von anderen Bands ab. Ihr Sound war ehrlich, kraftvoll und getragen von Greens einzigartigem, gefühlvollen Gitarrenspiel.
Mit „Mr. Wonderful“, ihrem zweiten Album, wagte die Band erste Experimente. Die Live-Aufnahme-Ästhetik verlieh dem Werk eine raue Energie, doch der Einsatz von Bläsern spaltete die Fans. Hinzu kamen Jeremy Spencers humorvolle Einlagen, die mit Tracks wie „Someone’s Gonna Get Their Head Kicked In Tonight“ fast parodistisch wirkten. Fleetwood Mac begann hier, sich von einer puren Blues-Band zu lösen und erweiterte ihr Klangspektrum, doch noch blieben sie fest in der Tradition verwurzelt.
Dann kam 1969. Mit „Then Play On“ explodierte die Kreativität der Band. Das Album ist ein musikalisches Kaleidoskop, von psychedelischen Klangwelten über klassische Einflüsse bis hin zum ursprünglichen Blues. „Oh Well“, mit seiner zweiteiligen Struktur, markierte einen Wendepunkt. Es war nicht nur ein innovativer Song, sondern auch ein Spiegel von Peter Greens inneren Konflikten. Seine spirituelle Suche, gepaart mit einer wachsenden Abneigung gegen das Musikgeschäft, führte schließlich zu seinem Ausstieg.
„Fleetwood Mac in Chicago“ (1969) dokumentierte eine besondere Hommage. Aufgenommen in den legendären Chess Studios, ehrte das Album amerikanische Blues-Größen wie Muddy Waters und Howlin’ Wolf. Es war ein Liebesbrief an die Wurzeln des Blues und ein Zeichen der Verehrung. Die Aufnahmen waren spontan, roh und lebendig – ein Zeugnis der Improvisationskunst der Band.
Nach Greens Weggang übernahm Jeremy Spencer das Zepter auf „Kiln House“ (1970). Das Album war eine nostalgische Rückkehr zu Rockabilly-Klängen, beeinflusst von Spencers Liebe zu Elvis Presley. Gleichzeitig begann Christine McVie, die damals noch kein offizielles Mitglied war, sich einzubringen. Ihre Backing Vocals und ihr Artwork wiesen auf ihre wachsende Bedeutung hin. Doch ohne Green wirkte die Band orientierungslos – ein Übergangsalbum, das mehr Fragen als Antworten bot.
Die Ankunft von Bob Welch 1971 brachte eine neue Dynamik. Mit „Future Games“ und „Bare Trees“ veränderte sich der Sound der Band radikal. Psychedelische und introspektive Klänge dominierten. Songs wie „Sands of Time“ und „Spare Me a Little of Your Love“ zeigten, dass Fleetwood Mac langsam ihre bluesigen Wurzeln hinter sich ließen. Welch brachte einen amerikanischen Westcoast-Sound ein, während Christine McVie ihre Rolle als Songwriterin und Sängerin ausbaute. Besonders „Bare Trees“ gilt heute als unterschätztes Meisterwerk, geprägt von melancholischen, introspektiven Songs wie „Dust“ von Danny Kirwan.
Doch die innere Unruhe blieb. „Penguin“ (1973) und „Mystery to Me“ waren von Besetzungswechseln und persönlichem Drama geprägt. Dave Walker und Bob Weston kamen und gingen, und Westons Affäre mit Mick Fleetwoods Frau sorgte für Spannungen. Musikalisch experimentierte die Band weiter: „Hypnotized“ von Welch wurde ein Radiohit, doch die Alben blieben inkohärent. Es war klar, dass Fleetwood Mac eine neue Richtung brauchte.
1975 war es dann soweit: Der große Umbruch. Lindsey Buckingham und Stevie Nicks traten der Band bei und brachten frischen Wind. Ihr erstes gemeinsames Album, „Fleetwood Mac“, markierte den Beginn einer neuen Ära. Hits wie „Rhiannon“ und „Say You Love Me“ katapultierten die Band an die Spitze der Charts. Der Sound war polierter, eingängiger und doch tiefgründig. Fleetwood Mac hatte ihre Identität gefunden – eine perfekte Balance zwischen Pop und Emotion.
Und dann kam „Rumours“ (1977). Ein Album, das fast nicht hätte entstehen dürfen, so zerrissen war die Band durch Beziehungsdramen und persönliche Konflikte. Doch genau diese Spannungen formten eines der größten Meisterwerke der Musikgeschichte. Songs wie „Dreams“, „Go Your Own Way“ und „Don’t Stop“ wurden zu Hymnen. Jede Note, jedes Wort spiegelte Schmerz, Hoffnung und Resilienz wider. Es war Musik, die intim und universal zugleich war – und die Welt hörte zu.
12 Alben, 10 Jahre, unzählige Höhen und Tiefen: Fleetwood Mac hat in dieser Zeit mehr durchlebt als viele Bands in einer ganzen Karriere. Ihre Musik ist ein Tagebuch, ein Kaleidoskop der Emotionen, das uns auch heute noch zeigt, wie facettenreich und wandelbar Musik sein kann.
Playlist
My Heart Beat Like A Hammer Take 2
You’re So Evil
Stop Messin’ Round
I Held My Baby Last Night
Although The Sun Is Shining
Oh Well (Pt. 1)
Watch Out
I Can’t Hold Out
One Together
Tell Me All The Things You Do
Future Games
Sands Of Time
Child Of Mine
Dust
Bright Fire
Night Watch
Emerald Eyes
Hypnotized
Angel
Shes Changing Me
Rhiannon
Go Your Own Way
The Chain