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Dieter Ammann: Der womöglich langsamste und beste zeitgenössische Schweizer Komponist der mittleren Generation

Vom Free Funk zur zeitgenössischen Musikikone

Dieter Ammann wurde 1962 in Aarau geboren und wuchs in einer musikaffinen Umgebung auf. Schon in seiner Kindheit zeigte sich seine Begabung: Er lernte klassisches Klavier, autodidaktisch Trompete und Bass und trat bereits als Jugendlicher in verschiedenen Bands auf. Vor allem die Genres Free Funk, Rock und Jazz prägten seine frühen musikalischen Jahre. In den 1980er Jahren spielte er in der Free-Funk-Formation Donkey Kong’s Multi Scream, die er selbst als eine der wichtigsten Stationen seiner Musikerlaufbahn bezeichnet.

Später nach der Schulzeit entschied sich Ammann gegen ein Germanistik- und für ein Musikstudium, das ihn an die Hochschule Luzern – Musik und anschließend nach Basel führte. Dort vertiefte er seine Kenntnisse in Theorie und Komposition. Bald entwickelten sich Freundschaften mit Berufskolleg*innen, welche später sein Schaffen förderten, so mit Wolfgang Rihm, George Benjamin oder Unsuk Chin.

Von der Bühne zum Komponierpult

Bevor Ammann sich vollständig der Komposition widmete, war er als aktiver Musiker unterwegs. Die Energie und rhythmische Vielfalt seiner Zeit in der Rock- und Jazzszene fließen bis heute in seine Werke ein – das behauptet zumindest die klassische Szene. Inwiefern Ammann dieser Aussage zustimmt, erfährst du hier:

Seit den 1990er Jahren konzentriert sich Ammann hauptsächlich auf die Komposition und hat mit Werken wie „Boost" (2000), "Core"(2002), „glut“ (2016) und ganz besonders mit seinem Klavierkonzert internationale Anerkennung gefunden. Einladungen an grosse Festivals wie dem Lucerne Festival, dem Enescu Festival oder den Wittener Tagen für Neue Musik ergänzen das Bild.  «Ich bin womöglich der langsamste Komponist unserer Zeit», erklärt Ammann im AUX-Talk und grinst. Qualität brauche eben Zeit. Scheinbar stimmen ihm diesbezüglich auch die Musikkritiker*innen zu: Denn sie beschreiben seine Werke als «geprägt von dynamischen Kontrasten und einer außergewöhnlichen Präzision in der Klanggestaltung».

Stil und Zusammenarbeit

Ammanns Kompositionen wurden bereits von renommierten Orchestern wie dem Boston Symphony Orchestra,  BBC Symphony, Mariinky, Helsinki Philharmonic, Wiener SymphonikerPhilharmonia London und allen bedeutenden Schweizer Orchestern aufgeführt. Kooperationen mit Dirigenten wie Pierre Boulez, Susanna MälkkiGeorge Benjamin oder Valery Gergiev unterstreichen die Bedeutung seiner Werke auf internationaler Ebene. «Meine Werke soll man nicht einfach so als Hintergrundmusik laufen lassen», betont Ammann. Er vergleicht seine Musik mit einem abstrakten Gemälde, das erst bei genauer Betrachtung seine wahre Tiefe offenbart.

Neben seiner eigenen Arbeit engagiert sich Ammann auch für aufstrebende Künstler. Besonders hervorzuheben ist seine Unterstützung der Künstlerin Mercee, die für ihren frischen Mix aus unterschiedlichen Genres bekannt ist. So arrangiert Ammann Songs und ist als Musiker  beispielsweise im Song «Katchi» für das Trumpet-Solo (ab 2.22 min) zuständig.

Lehre und Einfluss

Als Professor für Komposition an der Hochschule Luzern – Musik fördert Ammann seit vielen Jahren junge Talente. Als Dozent unterstützt der 62-jährige seine Studierenden bei der Entdeckung und Weiterentwicklung der ganz eigenen Klangsprache. Im Gespräch thematisiert Ammann auch den Drang nach Perfektionismus: «Filter und Autotune verwischen oftmals genau das, was uns als Individuum eigentlich so einzigartig macht.» Dieses Phänomen sei leider ein Kind unserer Zeit und käme dementsprechend auch in der Musik vor.

Dieter Ammanns Werke sind Dialoge zwischen Vergangenheit und Gegenwart, welche die Möglichkeiten und Herausforderungen der modernen Musik ausloteten. Auf die letzte Frage, wer das Songwriting seiner Meinung nach am besten meistert, antwortet Ammann: «Franz Schubert». Einige Stunden später meldet sich der Komponist nochmals mit einem Nachzug: «Die besten Songwriter seit Schubert sind Lennon und McCartney». Wer weiss, vielleicht wird Dieter Ammann selbst eines Tages als bester Songwriter bezeichnet. Den Ruf als bester zeitgenössischer Schweizer Komponist der mittleren Generation hat er jedenfalls schon heute.


Playlist:

T. Rex – Children of the Revolution

Queen – Bohemian Rhapsody

Joe Jackson – Got The Time

Prince – Let's Go Crazy

Run DMC – Walk This Way

Steven's Nude Club – Trust No Magazine

Living Color – Cult Of Personality

Steven's Nude Club – Hectic

Eric Clapton – Tears in Heaven

US3 – Cantaloop (Flip Fantasia)

Jovanotti – Penso Positivo

Billie Eilish – Bury A Friend

Future Relic – Turn Back Time

Silk Sonic – Fly As Me

Future Relic – Rollercoaster

AM$ – 3 Gramm

MERCEE – Tu Y Yo

MERCEE – Fiesta

Doechii – Nissan Altima (Tiny Desk Version)

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