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Straight Outta 6130 - Eine kurze Geschichte vom Jazzfestival Willisau

Seit fast 50 Jahren ist jeweils Ende August im Luzerner Hinterland der Teufel los. Die idyllische Stille Willisaus wird durch anspruchsvolle, hemmungslose Klänge gestört. Doch schon Jahre vor dem ersten Jazzfestival Willisau wurde das Städtli am Fuss des Napfs zum Treffpunkt der internationalen Jazzszene. Wieso eigentlich? Antworten findest du im ganzen Beitrag.

Zurück zur Pfadi

Troxlern: Eine Form von Zaubern ohne fiese Tricks und Täuschungen, dafür mit einer perfekten Mischung aus bodenständigem Pragmatismus und utopischer Spinnerei.
Dieser Neologismus vom Musikwissenschaftler Tom Gsteiger kommt dem Phänomen Niklaus Troxler recht nahe. Dieser ist laut Gsteiger der König des Troxlerns. Aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen, wird eine internationale Pfadfinderexpedition zu einem Schlüsselereignis für den kleinen Knox, wie Niklaus in der Pfadi heißt und noch heute liebevoll genannt wird. In London kommt er in Kontakt mit neuartigen Formen der Jazzmusik. Zusammen mit Pfadigspänli veranstaltet er ab 1966 die ersten Jazzkonzerte in Willisau. Angefangen bei Amateur-Blues- und Jazzacts, zieht Knox schon bald weltbekannte Musiker*innen ins Luzerner Hinterland.


A New Wind Blowing

1968 spielt das Pierre Favre Trio zum ersten Mal in Willisau. Am Piano ist Irène Schweizer. Autodidaktisch erlernte sie im Wirtshaus ihrer Eltern das Klavierspielen. Ohne Noten lesen zu können, avanciert sie zu einer der prägendsten Figuren im europäischen Free Jazz. Aber auch Luzern bot wiederkehrende Acts am Willisauer Jazzfestival. Allen voran Om. 1972 gegründet, verbanden sie den unbändigen Free Jazz der 70er-Jahre mit Rock-Einflüssen. Ein Mix, der bei der internationalen Musikpresse auf Anklang stieß. 1978 wählte das Rolling Stone Magazine ihr Album "Om with Dom Um Romao" auf Platz 90 der 100 besten Jazzalben.


Von Bildern und Klängen

Bis 2009, als sein Neffe Arno die Festivalleitung übernahm, war das Jazzfestival Willisau Knox Troxler. Neben dem Booking gestaltete er auch das visuelle Erscheinungsbild des Festivals im Alleingang. Nach Abschluss der Schule für Gestaltung in Luzern gründete Knox 1972 ein Grafikstudio in Willisau. 

Niklaus Troxlers Illustration der "Willisau" LP von Chrsi McGregor's Brotherhood of Breath

Über die Jahre produzierte er dort hochrenommierte Werke, die es sogar ins New Yorker Museum of Modern Art geschafft haben. Seine Designs für die Konzertplakate sind präzise und aussagekräftig, aber trotzdem leicht und spielerisch.

Playlist

Pharoah Sanders - Harvest Time (Willisau ~ Live)

OM - De Funk

Keith Jarrett - Köln, January 24, 1975, Pt. II C - Live

Dexter Gordon - Scrapple From The Apple - Rudy Van Gelder Edition / 2003 Remaster

John Tchicai - Willi The Pig Part 1

Charles Mingus - The Shoes of the Fisherman's Wife Are Some Jive Ass Slippers

Jack Dupree - Junker Blues

Eddie Boyd - Empty Arms

Ornette Coleman - Lonely Woman

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