Trojaner

Content Creator*innen - Wir müssen miteinander reden

Zwischen Traum und Stress

Im Jahr 2025 gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, den eigenen Content unter die Leute zu bringen. Auf TikTok, Instagram oder Youtube werden jede Minute über 500 Stunden Videomaterial hochgeladen, berichtet Statista. Ein Creator oder eine Creatorin ist sich mit einer riesigen Flut von konkurrenzfähigem Material konfrontiert - und das jeden Tag. Trotzdem können sich laut einer Umfrage von SRF über 60 Prozent der Jugendlichen hier in der Schweiz vorstellen, ihren Gehalt als Creator*in oder Influencer*in zu verdienen. Global betrachtet ist die ganze Content Creation Branche längst ein Milliardengeschäft geworden. Die Website Influencer Marketing Hub schätzt den Wert der Creator*innen Economy 2024 auf ungefähr 250 Milliarden Dollar und bis 2030 soll er doppelt so gross werden. Im Gespräch im Trojaner war Niccolo Lietha - ein Kenner der Szene. Niccolo arbeitet bei Brandaktuell als Creator und macht Content für Firmen. 

Hier gibt es den ganzen Beitrag zum Nachhören:

Psychischer Druck als Benefit

Anders als bei anderen Berufen kann man hier nicht wirklich abschalten und der Druck ist dementsprechend extrem gross. Deadlines, sich verändernde Trends und externe Kritik sind belastende Faktoren, die der Aussenwelt nicht wirklich bekannt sind. Die Harvard Business Review hat herausgefunden, dass mehr als 70% aller Creator*innen Symptome von Burnout aufweisen. Seien es Schlafprobleme, Unzufriedenheit oder sonstige Verstimmungen. Niccolo hat im Gespräch den Faktor Konsistenz hervorgehoben. Damit meinte er, dass man manchmal 2, 3 oder 4 Anläufe für eine Reaktion benötigt und das Durchhaltevermögen eine wichtige Ressource in diesem Business ist. Beim ganzen "createn" ist es aber sehr wichtig, dass man sich nicht verbiegt und seinen eigenen Ideen und Vorstellungen treu bleibt. Ansonsten läuft man Gefahr, als Mitläufer durchzugehen. Laut Statista haben 37% der Creator*innen angegeben, dass sie ihre Inhalte gründlich überprüfen, bevor sie sie veröffentlichen. Der Rest springt auf Trends. Authentische Inhalte seien viel mehr wert als hoher Output mit charakterlosem Content, meinte Niccolo Lietha. 

Es braucht Excel Tabellen, um kreativ sein zu können

Es herrscht ein allgemeiner Irrglaube, dass der Alltag von Creator*innen nur aus kreativen Teilen besteht. Es braucht nicht viel mehr als Ideen, Kamera und irgendwelche überteuerten Schnitt- und Effektprogramme. Die Realität ist, wie so oft leider, weniger romantisch. Laut Spiralytics verbringen 70% der Top-Creator*innen mindestens 4 Stunden vom Tag mit der Produktion und somit den wirklich kreativen Part. Alles andere ist nüchtern betrachtet Planungen, Sitzungen mit Firmen, Community Pflege oder Brainstorming Sessions. VIele unterstreichen den Künstler*innen Aspekt im Beruf, aber vernachlässigen oder vergessen die unternehmerische Sicht. Niccolo meint, dass man eigentlich wie eine One-Woman/Man-Show ist, wo alle Bereiche wie Marketing, Creatives und HR zusammenfliessen. Auch die Einnahmen werden recht romantisiert. TheLeap hat Berechnungen durcheführt und diese besagen, dass nur 35% der Creator*innen direkt über die Werbung auf der Plattform Geld verdienen. Die restlichen zwei Drittel sind auf Sponsoring, Affiliate-Links oder auf den Launch von eigenen Produkten angewiesen.

Fehler und Fallen

Vor allem junge Creator*innen laufen Gefahr gröbere Fehler zu machen, die dann langfristig ihre Karriere schädigen könnte. Es gibt hier typische Fehler, die man im Verlauf der Karriere einfach gemacht werden muss um sich zu entwickeln und andere vermeidbare Fehler. Beispiele hierfür wären unregelmässige Postings, fehlende Transparenz oder blinder Fokus auf Trends. Eine Studie der Cornell University zeigt, dass nur 10% der Posts mit Produktlinks klar als Werbung gekennzeichnet werden. Niccolo meinte im Gespräch auch, dass die Wichtigkeit von Glaubwürdigkeit oder authentischer Inhalte unterschätzt wird. Als angehende Rookies sollte man möglichst viel ausprobieren und machen, aber nicht blindlings den Aufträgen oder Deals nachrennen. Damit macht man kurzfristig vielleicht Geld, aber man büsst enorm an Kredibilität ein. Emarketer hat herausgefunden, dass 20% der Marketer Messprobleme als grösste Hürde im Influencer*innen Marketing sehen. Views können imposant und beeindruckend sein, aber sie sagen allerdings nicht allzu viel über den Effekt des Posts aus. Führen sie auch zu einer Änderung im Verhalten? Auch können nur sehr wenige Personen ausreichend verdienen, dass sie nebenbei nicht arbeiten müssen. Socialmediatoday kommt auf ca. 4% aller Creator*innen, die mit diesem Beruf wirklich leben können.

Für viele Personen hat Content Creation als Hobby begonnen, aber mittlerweile ist es eine globale Industrie mit einem riesigen wirtschaftlichen Potenzial geworden. Sie bietet dementsprechend Chancen, aber erfordert neben Einsatz auch ein kleines bisschen Glück. Wer langfristig in dieser Branche Fuss fassen will, muss mehr können als eine gute Stimme haben und regelmässig posten. Es braucht Strategie, Planung, Authentizität und, wie gesagt - ein wenig Glück.

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