Auf nationaler Ebene nimmt die Diskussion um die neuste Runde bilateraler Verträge Fahrt auf, ein vom Bundesrat ausgehandeltes Paket soll zeitnah an der Urne landen. Die politische Lage hat sich bereits gezeigt, einzig die SVP will gegen die Verträge kämpfen. Aber nicht nur im Bundeshaus wollen sich Gruppen für oder gegen die Bilateralen einsetzen. Auch die Kulturbranche schaltet sich ein, denn nach jahrelangem Vertrösten, soll nun Wandel kommen.
In der Taskforce Cultre schliessen sich die fünf Dachverbände Suisseculture, Suisseculture Sociale, Cultura, Schweizer Musikrat und Cinesuisse zusammen. Vertretend für die Schweizer Kulturschaffenden, stellt sich die Taskforce Culture hinter das bundesrätliche Paket. Es wird begrüsst, dass Forschung, Bildung und Mobilität Teil der Verträge sind, betonen aber eins. Die Kultur fehlt. Geschäftsleiter von Suisse Culture, Alex Meszmer, erklärt im Interview, wieso die nationale Kultur auf Europa angewiesen ist. Die Taskforce Culture hat Forderungen, um dies zu ändern. Mit den Bilateralen III soll endlich auch die Kulturbranche geregelt werden.
Ist unsere Kultur zu klein?
«Die Schweiz ist zu klein, um als Kulturschaffender auf Dauer zu überleben», erzählt Alex Meszmer. Nicht weil es zu viele davon gäbe, sondern weil das Angebot auf nationaler Ebene zu klein ist. Nur wenige können davon leben, nur den Schweizer Markt zu bedienen. Deshalb sind Kulturschaffende auch darauf angewiesen, im nahen Ausland Lesungen, Ausstellungen und andere Projekte zu realisieren. Unsere Kreativwirtschaft wäre vom europäischen Markt aber oft ausgeschlossen. Obwohl es eigentlich anders sein sollte.
2014 wurde Creative Europe gegründet, mittlerweile das wichtigste Kulturprogramm der EU. Was Horizon für Forschung macht, macht Creative Europe für die Kreativbranche. Wie beim Forschungsprogramm hätte die Schweiz auch dem Kreativpool beitreten wollen. Doch die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative machte dem Beitritt einen Strich durch die Rechnung. Plötzlich verhinderten Unklarheiten die internationale Zusammenarbeit und in den folgenden Jahren scheiterten diverse Kulturprojekte daran.
Bilateralen auch für Kultur
Mittlerweile ist die Schweiz beteiligt, wenn auch als Drittstaat. Damit kommen aber strikte Limitierungen: es können keine Projekte aus der Schweiz initiiert werden, in den meisten Fällen müssen Kulturschaffende ihre Beteiligung auch selbst finanzieren. «Ein Beitritt zu Creative Europe wäre unkompliziert», sagt dazu Alex Meszmer. Es wäre nicht einmal eine Gesetzesänderung nötig, um den knapp ein Jahrzehnt verspäteten Beitritt zu ermöglichen. Deshalb fordert die Taskforce Culture, nun diesen Schritt zu machen.
Weiter fordert die Taskforce, Zwischenlösungen, die Reisen, Weiterbildungen und Austausch von Kulturschaffenden regeln, fliessend in das Programm Erasmus+ überzuführen. Ausserdem soll es einen regelmässigen Dialog zwischen der EU und der Schweiz geben, um den Stand der Kulturwirtschaft zu klären.
Mehrwert für die Schweiz
Im Vordergrund stehe nicht das Geld, nicht der Zugang zu mehr Mittel. Alex Meszmer erzählt, dass der Austausch und Zugang zum europäischen Markt unverzichtbar seien. Momentan gibt es viele talentierte Kulturschaffende, die um die wenigen internationalen Mittel buhlen. Dadurch geht viel verloren. Auch für die Schweiz wäre viel Mehrwert möglich.
Die Schweiz wird oft beschuldigt, in der Beziehung zu Europa Rosinen zu picken. Sind europäische Kulturschaffende denn bereit, mit der Extrawust-Schweiz zu arbeiten? Ja, sagt Alex Meszmer. Er selbst arbeitete jahrelang in Brüssel und weiss: «Die Europäer*inne würden uns mit offenen Armen empfangen.»
Es sei ein insgesamt ambitioniertes, aber durchaus realistisches Bündel Forderungen, sagt Alex Meszmer. Denn seit Jahren würde die Kulturbranche stetig politisch vertröstet werden. Langsam gehe die Geduld verloren. Nun, da sowohl Politik und Volk über die Beziehung zur EU nachdenken, wäre es die optimale Zeit, um auch kulturell mit Europa aufzuschliessen.