Endlich erwacht aus dem Winterschlaf, wagt sich das Intravinyl in der ersten Ausgabe des Jahres gleich in stürmische Gefilde. Wir bewegen uns in den 80er-Jahren. Am Ort hat sich aber nicht viel geändert. Wir bleiben in der Schweiz und widmen uns dem radikalen, anarchischen Sound, der Punk- und Waveszene. Musik, welche auch im Ausland auf viel Beachtung gestossen ist.
Reiten auf der Swiss Wave
In den legendären Sunrise Studios in Uster, St. Gallen, nahmen Kleenex ihre erste EP auf. Eigenwillige, eingängige Melodien unterstrichen von absurden, dadaistischen Lyrics. Über Umwege landete die Platte Ende der 70er-Jahren auf dem Pult von John Peel. Der damals wohl bekannteste Radio-DJ war schnell angetan von den Punk-Spielereien der Band. Ein wenig ratlos, wie er diesen eigenartigen Sound einordnen soll, erfand Peel den Begriff „Swiss Wave“. S Diese Bezeichnung wurde schnell zum Marketingbegriff. Wenige Monate später veröffentlichte das Zürcher Off Course Label die Compilation „Swiss Wave – The Album“. Darauf zu hören war unter anderem auch Kleenex. Aus Gründen des Copyright hat mensch sich dann doch entschieden, den Bandnamen in Liliput umzuwandeln.
Anarchia in Luzern
Als Folge der Jugendkrawalle fanden viele heute legendäre schweizer Kulturhäuser in den 1980er-Jahren ihren Ursprung. Heute ein Ort des künstlerischen Austobens, war zum Beispiel der Sedel in Luzern bis in die frühen 70er-Jahren eine kantonale Strafanstalt. Dem Anliegen der Jugendbewegung nach alternativem Kulturraum wollte die Stadt Luzern so schnell wie möglich entgegenkommen, bevor das scheinheilige Image des innerschweizer Tourismusmekkas durch Proteste befleckt werden konnte. Die aufgebrachten Jugendlichen hatten schon eine erste Demonstration angekündigt, als die Stadt Luzern im Frühjahr 1981 den Sedel (zuerst erst den Osttrakt, 1983 das ganze Gebäude) offiziell als kulturellen Freiraum freigab. Aus der geplanten Demonstration wurde dann kurzerhand eine Dankensveranstaltung der Jungen Kulturschaffenden an die Stadt Luzern. So wurden aus den Zellen des ehemaligen Gefängnisses Bandräume und Atelliers für luzerner Künstler*innen. Eine der prägendsten Bands aus dem Umfeld des Sedels war mittageisen. Die Brachialität und Düsterheit des Sedelgebäudes scheint in die Musik über zu sickern. Existenzängste, dystopische Skizzen über den Weltuntergang und Entmenschlichung durch Arbeit.
Playlist:
TNT - Züri Brännt
Mother’s Ruin – Laugh and Shout
Kleenex – Hitch-hike
Mittageisen – Automaten
Mittageisen – Dunkelheit
Mittageisen - Anfang
Mittageisen – Persistance de la Mémoire
Mittageisen - Wir
Elephant Chateau – Wir Fangen Mit Arbeit An
Schamanen Circel – Arbeiter (The Worker)
Aboriginal Voices – Le Jour L’Ennui
Schaltkreis Wassermann - Arabesque
Bells Of Kyoto – Asho II
Die Welttraumforscher - Mondfolklore
Grauzone – Hinter Den Bergen
Grauzone - Maikäfer Flieg
Grauzone – Marmelade Und Himbeereis
The Vyllies – Ahia
The Vyllies – Babylon
The Vyllies – Whispers In... The Shadow
Nordland – Masquerade
Nordland - Morgenstück
Nordland - Pearls
The Young Gods – Jimmy
The Young Gods – Did you miss me
The Young Gods - Envoyé
Liliput – Might Is Right
HERTZ – Astrogram
Grauzone – Der Weg Zu Zweit