Kein Musiklabel hat die jamaikanische Musik geprägt wie das Studio One. Gegründet ein Jahr nach der Unabhängigkeit Jamaikas, entstand hier der Sound einer neuen Nation. Von Ska, Rocksteady bis hin zu Reggae, Dancehall und Dub. Gründer und Boss des legendären Tonstudios an der Brentford Road in Kingston war Sir Clement "Coxsone" Dodd. Diese Woche jährte sich sein Todestag zum 20. Mal. Deshalb nun ein Blick hinter die Klänge von Studio One. Wie ein junger Bob Marley seine Anfänge fand und welche vergessenen Studio One Artists unbedingt auf deine Playlist gehören, erfährst du in der ganzen Sendung!
Neue Musik für ein neues Land
Spätestens in den 50er-Jahren entdeckte die amerikanische Oberschicht die kleine Karibikinsel für sich. In Küstenstädten wie Montego Bay reihten sich schon bald die Luxushotels aneinander. In den Lobbys spielten karibische Musiker*innen die schwungvollen Calypso-Songs, eine Stilrichtung, die eigentlich ursprünglich aus Trinidad stammt. Die jamaikanische Bevölkerung, vor allem in den von Armut geprägten Gebieten wie dem Kingstoner Slum Back-O-Wall, interessierte sich wenig für den mitreißenden Calypso. Viel beliebter waren die Boogie-Woogie- und R&B-Klänge aus den USA, importiert von amerikanischen Touristen. Soundsystems bespielten die Straßen mit den Klängen von Artists wie Fats Domino oder Little Richard. Unter ihnen auch Clement Dodd mit seinem Downbeat Soundsystem. Als ehemaliger Gastarbeiter im Süden der USA kannte er die beliebten Klänge besser als die meisten. Sein Soundsystem wurde schnell zum Erfolgreichsten in Kingston und ermöglichte es ihm 1963, Studio One zu gründen. Die Labelgründung war notwendig, da der R&B-Hype in den USA abnahm und die Nachfrage nach frischen jamaikanischen Songs stieg.
Der König der Steine
Unter den zahlreichen Menschen, die über die Jahre ein und ausgingen, gab es wahrscheinlich niemanden, der so eigenartig war wie Lee Scratch Perry. Aufgewachsen ist dieser eigentlich in Hanover, ganz im Westen der jamaikanischen Insel. Mit 15 zog es ihn jedoch in die Hauptstadt und das aus gutem Grund. In einer Art halluzinativer Vision baute Lee Perry eine mystische Verbindung zu einem Stein auf. Das hat ihn so berührt, dass er sich entschloss, zum König der Steine zu reisen. Aber wo könnte dieser sein? Ja natürlich! In Kingston! Dort angekommen hat er sich mit Clement Dodd angefreundet und bei seinem Soundsystem und später auch in seinem Studio gearbeitet. Die beiden sehr eigenwilligen Charaktere haben sich dann aber in der ersten Hälfte der 60er-Jahre zerstritten und gingen dann getrennte Wege. So entstand wahrscheinlich der entspannendste Disstrack der Musikgeschichte!
Zurzeit zeigt das Cabaret Voltaire in Zürich eine Auswahl an Dekorationen und Kunstwerken, die Lee "Scratch" Perry in seinem späteren Wohnsitz in Einsiedeln hinterlassen hat. Das Intravinyl-Team empfiehlt einen Besuch wärmstens!"
Playlist
Lone Ranger - Three Mile Skank
The Sound Dimension - Soulful Strut
Alton Ellis - Breaking Up Is Hard To Do
Ken Boothe - Moving Away
The Heptones - Get In The Groove
Cedric 'Im' Brooks - Idleberg
Lester Sterling - Afrikaan Beat
Rapper Robert and Jim Brown - Pirate
Cedric 'Im' Brooks - Give Rasta Glory
Otis Gayle - I'll be Around
Norma Fraser - The First Cut Is the Deepest
The Royals - Pick Up The Pieces
Ernest Wilson - Undying Love
The Soulettes - A Deh Pon Dem
Claudette McLean - Give Love Another Try
The Wailers - Simmer Down
Bob Marley & The Wailers - One Love
Bob Marley & The Wailers - LET HIM GO
Marcia Griffiths - My Ambition
Marcia Griffiths - Tell Me Now
Jerry Jones - There's a Chance for Me
Jennifer Lara - My Man
Jennifer Lara - I Am in Love
Jennifer Lara - Consider Me
Hortense Ellis - I'm Just a Girl
Hortense Ellis - Sitting in the Park
Hortense Ellis - I'm Still in Love
Della Humphrey - Dream Land
Denise Darlington - War No Right
The Tonettes - I'll Give It to You