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Vom Radio direkt ins Herz - Eine kurze Geschichte des Quiet Storm

Mehr als nur eine Informationsquelle und Unterhaltungsplattform, besitzt das Medium Radio transzendentale Qualitäten, welche aber oft überschaut werden. Ein einleuchtendes Beispiel bietet die Quiet Storm Bewegung der 70er- und 80er Jahren. Diese fand ihre Anfänge 1976 beim Radiosender WHUR. Melvin Lindsey, damals nur Praktikant, später aber Radio-Superstar, brachte das "Quiet Storm" Format auf die Welt. Eine Sendung, welche sich ruhigen, intimen Klängen aus der damaligen schwarzen amerikanischen Musik bediente und diese mit emotionalen, einfühlsamen Moderationen in sanfter, samtiger Stimme unterstrich. Um die Gefühlswelt des Quiet Storm besser zu verstehen lohnt es sich in die Textzeilen des Songs, hineinzuhören, welcher der Bewegung ihren Namen gab.

Soft and warm, a quiet storm

Quiet as when flowers talk at break of dawn

Break of dawn

A power source of tender force

Generating, radiating

Turn me on, turn them on

Ein ruhiger Sturm rollt übers Land

Es dauerte nicht lange, und Melvin Lindseys Format wurde von dutzenden Black-Radiosendern kopiert. Diese Sendungen wurden oft spät in der Nacht ausgestrahlt. Dadurch konnte man teilweise strengen Zensurregeln entgehen und auch Songs spielen, die stark sexuell aufgeladen waren. Andererseits passte die Musik auch einfach viel besser zur Nacht als zum Tag. Freche Zungen behaupten sogar, dass der "Quiet Storm" in den USA der 70er- und 80er-Jahre zur Stabilisierung der Geburtenraten beigetragen haben könnte.


Got Anita Baker boomin' out the '87 Buick

Dieses neu entfachte Verlangen nach sanften, sinnlichen Klängen fand in der Musikszene natürlich Resonanz. Künstler*innen wie Marvin Gaye, Sade und CHIC schlossen sich diesem Trend an und begannen, Musik im Stil des Quiet Storm zu produzieren. Die unumstrittene Königin dieser Bewegung ist jedoch bis heute Anita Baker. Als Zweijährige von ihrer alleinerziehenden Mutter verlassen, wuchs sie zunächst bei Pflegeeltern in Detroit auf. Als diese tragisch ums Leben kamen, nahm ihre Pflegeschwester sie auf. Im jungen Teenageralter trat sie erstmals in den Bars der Motor City auf, bis sie von der Musikindustrie entdeckt und in die Band Chapter 8 aufgenommen wurde. Doch der große Erfolg kam erst Jahre später, als sie sich entschied, ihren eigenen Weg zu gehen. Alben wie "The Songstress" (1983) oder "Rapture" (1986) gehören heute zweifellos zu den besten Werken, die die R&B- und Soul-Musik zu bieten hat.


Playlist

Phyllis Hyman - No One Can Love You More

Roberta Flack - Feel Like Makin' Love

Roberta Flack - Be Real Black for Me

Tawatha Agee - Did I Dream You

Smokey Robinson - Quiet Storm

Teddy Pendergrass - Turn off the Lights

Marvin Gaye - Come Live With Me Angel

CHIC - Falling in Love with You - 2018 Remaster

Patrice Rushen - Remind Me

Angela Bofill - Tonight I Give In

Anita Baker - No One in the World

Anita Baker - Angel

Luther Vandross - Make Me a Believer

Love Unlimited - Never, Never Say Goodbye

Rose Royce - Love Don't Live Here Anymore

Jean Carn - What's Come over Me

Minnie Riperton - Memory Lane

Harold Melvin & The Blue Notes - You Know How to Make Me Feel so Good (feat. Sharon Paige)

Angela Bofill - I Try - Remastered

Sade - The Sweetest Taboo

Marvin Gaye - I Want You



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