Krass Politic

Abstimmmixinfo vom 30. November

Am 30. November stimmen wir unter anderem über die Service Citoyen Initiative ab. Für die neueste Sendung Krass Politic haben wir Interviews mit Finn Krummenacher aus dem Co-Präsidium der Jungen Grünen Luzern und mit Stefanie Kaufmann aus dem Vorstand der Jungen Grünliberalen Luzern geführt. Sie haben uns erklärt, warum sie gegen respektive für einen obligatorischen Service Citoyen sind.

In der neusten Sendung Krass Politic erfährst du also alles, was du rund um den Service Citoyen wissen musst und hörst spannende Ausschnitte aus den Interviews.

Worum geht’s in der Service Citoyen-Initiative?

Die Service Citoyen Initiative fordert, dass zukünftig alle jungen Menschen, Männer und Frauen, einen Einsatz für die Gemeinschaft und Sicherheit leisten. Dieser Dienst kann in der Armee, im Zivilschutz oder in anderen Bereichen wie Umwelt- oder Katastrophenschutz, Gesundheitswesen, Bildung oder sozialer Betreuung gemacht werden.
Das Parlament könnte die Bereiche, in denen die Einsätze geleistet werden, an die gesellschaftlichen Bedürfnisse anpassen. Auch wäre das Parlament dafür verantwortlich zu entscheiden, ob und in welchen Bereichen Menschen ohne Schweizer Pass einen Dienst leisten müssten.
Viele Regeln würden bei einem obligatorischen Service Citoyen gleich bleiben wie heute. Das heisst, die Dienstleistenden würden weiterhin Entschädigung sowie Schutz bei Krankheit und Unfall erhalten, und Nicht-Dienstleistende müssten weiterhin eine Ersatzabgabe leisten. Durch die Einführung dieser allgemeinen Dienstpflicht würden doppelt so viele Bürger*innen wie heute rekrutiert werden, und dadurch würden auch die Kosten für Bund, Kantone und die Wirtschaft entsprechend steigen. Ergriffen wurde die Initiative von einem Komitee, bestehend aus Personen aus verschiedenen Parteien sowie weiteren Menschen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Von den grössten 8 Parteien haben lediglich die EVP und die GLP die Ja Parole beschlossen. Alle weiteren Parteien sind gegen einen Service Citoyen. Auch der Bundesrat und das Parlament empfehlen die Initiative abzulehnen.

Zentrale Argumente 

In der Schweiz wird bereits heute viel Freiwilligenarbeit geleistet, und im internationalen Vergleich liegt die Schweiz mit ihren Zahlen an der Spitze. Laut dem Freiwilligen-Monitor Schweiz 2025 leistet zwei Drittel der Bevölkerung Freiwilligenarbeit. Trotzdem fehlen an einigen Stellen Menschen, die sich freiwillig engagieren. Fussballclubs haben zu wenig Trainer*innenGemeinden suchen verzweifelt nach Kandidierenden für den Gemeinderat, und die Armee sowie der Zivilschutz klagen über Personalprobleme. An dieser Stelle soll der Service Citoyen anknüpfen und zusätzlich auch das Gemeinwohl, das Verantwortungsbewusstsein und die Solidarität in unserer Gesellschaft stärkenDie Gegner*innen dieser Initiative sind anderer Meinung. Sie betonen, dass ein solcher obligatorischer Dienst die bereits freiwillig geleistete Arbeit verdrängt oder entwertet. Finn Krummenacher, Co-Präsident der Jungen Grünen Luzern, betont im Interview mit uns: «Ich finde, solidarisches Engagement lässt sich nicht erzwingen, die Arbeit wird auch besser gemacht, wenn sie aus freiwilliger Überzeugung entsteht». 

Ein weiteres Argument in der Debatte ist der finanzielle Aufwand. Allein durch die Einführung eines Service Citoyen würden über eine Milliarde Franken Mehrkosten entstehen, durch die Erwerbsausfälle und den massiven Verwaltungsaufwand. Für Stefanie Kaufmann aus der JGLP Luzern übersteigt der Nutzen aber die Kosten deutlich. Das Initiativkomitee betont zudem, dass ein Pflichtdienst Fähigkeiten vermittelt, die über den Einsatz hinausgehen und Unternehmen sowie Organisationen zugutekommen.

Der wohl umstrittenste Punkt in der Debatte ist die Gleichstellungsfrage. Die Befürworter*innen dieser Vorlage nennen unter anderem auch die Gleichstellung als Argument. Sie sind der Meinung, dass der Service Citoyen Gleichberechtigung schafft, weil zukünftig nicht nur Männer eine Dienstpflicht haben, sondern auch Frauen. Stefanie Kaufmann meint zudem: «Die heutige Dienstpflicht, die nur für Männer gilt, verschärft Geschlechterstereotypen, dass Männer die starken Beschützer sein müssen und Frauen die unsichtbaren Fürsorgerinnen, die nicht existieren in der Sicherheitspolitik. Dabei haben Frauen auch Engagement und können sich einbringen». Die Gegner*innen dieser Initiative sehen in einem Service Citoyen jedoch alles andere als einen Schritt zur Gleichberechtigung. Frauen leisten nämlich bereits heute einen Grossteil der unbezahlten Care-Arbeit. Mit einer Einführung des Service Citoyen müssten Frauen zur bestehenden Mehrbelastung noch einen weiteren Dienst leisten. Gegner*innen der Initiative warnen auch vor Lohndumping. Sie befürchten, dass der Druck für Institutionen sinkt, faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, wenn sie zukünftig günstige Pflichtdienstleistende einsetzen können. Es würde ein System entstehen, in dem ungelernte Kräfte einfacher verfügbar wären und die Löhne für qualifizierte Fachkräfte sinken würden.

Ist ein obligatorischer Service Citoyen überhaupt legal?

Das internationale Recht verbietet es Staaten, ihre Bürger*innen zu einem Pflichtdienst zu zwingen. Ausnahmen gibt es aktuell, damit ein Staat sich im Ernstfall seine Existenz sichern kann, insbesondere bei Katastrophen, Kriegssituationen oder sonstigen Notlagen. Deshalb fällt die aktuelle Dienstpflicht auch nicht unter dieses Verbot. Ob die Initiative legal wäre, ist nicht ganz klar oder zumindest umstritten. Viele Jurist*innen zweifeln an der Vereinbarkeit des obligatorischen Service Citoyen mit dem Völkerrecht. Es gibt aber auch Stimmen, die überzeugt sind, dass das Ganze gut vereinbar ist, besonders weil der Service Citoyen eine Wahlfreiheit zwischen den Diensten zulässt.

Ob die Schweiz zukünftig einen obligatorischen Bürger*innendienst einführt oder nicht, kannst du am 30. November mitbestimmen. Klar wird: Die Initiative wirft grundlegende Fragen über Freiheit, Gleichstellung und darüber auf, wie wir als Gesellschaft füreinander einstehen wollen, freiwillig oder verpflichtend. Wir hoffen, dass du dir mithilfe der Sendung eine Meinung bilden kannst. Nutze auch du dein Stimmrecht, denn Politik betrifft uns alle, und deshalb gehen wir doch auch alle mitbestimmen:)

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